#53 Plan.Stimme – Jan Dietrich Radmacher, Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.
Verantwortung heute: Was es heißt, einen traditionellen Baustoff in die Zukunft zu führen
08.10.2025 24 min
Zusammenfassung & Show Notes
Kalk, Sand, Wasser – mehr braucht es eigentlich nicht. Und doch steckt hinter dem Baustoff Kalksandstein eine ganze Industrie: regional verankert, technisch ausgereift, mit überraschendem Klimapotenzial. Aber wie gelingt es, einen traditionellen Baustoff durch Zeiten der Krise in die Zukunft zu führen?
In dieser Auftaktfolge der dreiteiligen Plan.Stimme-Mini-Serie zum 125-jährigen Bestehen des Bundesverbands Kalksandsteinindustrie e.V. spreche ich mit Jan Dietrich Radmacher – Unternehmer in zweiter Generation und Vorsitzender des Verbands. Wir reden über Verantwortung in herausfordernden Zeiten, über politische Rahmenbedingungen, Marktversagen und den Mut, Dinge einfacher zu machen. Wie können wir klimafreundlich und zugleich bezahlbar bauen? Warum braucht es neue Formen der Kommunikation? Und was macht die Kalksandsteinbranche heute attraktiv für junge Menschen?
Einblicke in diese Episode:
In dieser Auftaktfolge der dreiteiligen Plan.Stimme-Mini-Serie zum 125-jährigen Bestehen des Bundesverbands Kalksandsteinindustrie e.V. spreche ich mit Jan Dietrich Radmacher – Unternehmer in zweiter Generation und Vorsitzender des Verbands. Wir reden über Verantwortung in herausfordernden Zeiten, über politische Rahmenbedingungen, Marktversagen und den Mut, Dinge einfacher zu machen. Wie können wir klimafreundlich und zugleich bezahlbar bauen? Warum braucht es neue Formen der Kommunikation? Und was macht die Kalksandsteinbranche heute attraktiv für junge Menschen?
Einblicke in diese Episode:
- Kalksandstein als regionaler, langlebiger und CO₂-bindender Baustoff
- Das „Marktversagen“ im Wohnungsbau: Baukrise, Normenflut und politische Lücken
- Das neue Nachhaltigkeitssiegel des Verbands: Ein Schritt in Richtung Sichtbarkeit
- Nachwuchs, Digitalisierung, Verantwortung: Wie die Branche sich für die Zukunft aufstellt
Weitere Links:
Jan Dietrich Radmacher auf LinkedIn
Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.
Kalksandsteinwerk Wendeburg Radmacher GmbH & Co.KG
Nachhaltigkeitsgütesiegel des Bundesverbands Kalksandsteinindustrie e.V.
Kalksandstein – Informationen zum Baustoff auf Wikipedia
Coverbild: KI-generiert mit ChatGPT
Jan Dietrich Radmacher auf LinkedIn
Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.
Kalksandsteinwerk Wendeburg Radmacher GmbH & Co.KG
Nachhaltigkeitsgütesiegel des Bundesverbands Kalksandsteinindustrie e.V.
Kalksandstein – Informationen zum Baustoff auf Wikipedia
Coverbild: KI-generiert mit ChatGPT
Der Podcast:
Architektourist bietet eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten – von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung.
Seid bei der nächsten Folge wieder dabei, wenn wir weitere spannende Projekte und Persönlichkeiten aus der Welt des Bauens vorstellen. Wenn Euch die Episode gefallen hat, abonniert Architektourist bei Eurem bevorzugten Podcast-Anbieter.
Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf Eure Nachrichten unter kontakt@architektourist.de.
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Transkript
Liebe Architektouristinnen und Architektouristen, diese Episode wird unterstützt
vom Bundesverband Kalksandsteinindustrie.
Herzlichen Dank dafür!
Du hörst Planstimme, ein Format von Architektourist.
Hier geht es um die Menschen hinter den Plänen, ihre Haltung,
ihre Arbeitsweise und ihre Gedanken zum Bauen von morgen.
Dies ist Folge 1 einer dreiteiligen Miniserie. In dieser Episode Verantwortung
heute Was es heißt, einen traditionellen Baustoff in die Zukunft zu führen Jan Dietrich Radmacher,
Unternehmer und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Kalksandsteinindustrie über Baustoffwahl,
politische Rahmenbedingungen und die Frage,
was Kalksandstein heute leisten muss.
Kalk, Sand und Wasser Mehr braucht es eigentlich nicht.
Wenn man es genau nimmt, kommt noch Dampf dazu und ziemlich viel Erfahrung.
Seit über 125 Jahren wird Kalksandstein auf diese Weise hergestellt.
Ein mineralischer Mauerwerksbaustoff, der gepresst und bei rund 200 Grad im
Autoklaven Dampf gehärtet wird.
Was dabei entsteht, ist kein spektakuläres Produkt, aber ein ehrliches,
solides und technisch ausgereiftes Baumaterial, das durch sogenannte CSH-Phasen
eine enorme Festigkeit erhält.
Und ganz nebenbei auch noch CO2 aus der Luft bindet.
Rekarbonatisierung nennt sich dieser natürliche Prozess. Über Jahrzehnte hinweg
wird CO2 dauerhaft im Stein gebunden, ganz ohne Zusatzstoffe,
einfach durch die offenporige Struktur.
Kalksandstein ist regional wiederverwendbar und langlebig und zugleich ein Baustoff
mit nachgewiesenem Klimapotenzial.
Damit das funktioniert, braucht es mehr als gute Rezepturen.
Es braucht eine Industrie, die zusammenarbeitet.
Schon im Jahr 1900 schlossen sich die ersten Kalk-Sandstein-Hersteller zu einem
Verein zusammen mit dem Ziel, Standards zu schaffen und Wissen zu teilen.
Daraus entstand der heutige Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.,
der 2025 auf 125 Jahre gemeinsames Arbeiten zurückgelegt.
Diese Miniserie im Format Planstimme entsteht anlässlich dieses Jubiläums,
als Einladung genauer hinzuschauen, zuzuhören und neu zu bewerten.
Drei Gespräche über das, was ist, was war und was kommen muss.
In dieser ersten Folge geht es um das Heute. Wie führt man einen traditionellen
Baustoff durch eine Baukrise? Und was braucht es, um mit Überzeugung,
Klarheit und einer starken Position in die Öffentlichkeit zu treten?
Zu meinem heutigen Gast. Kalk Sandstein begleitet Jan Dietrich Radmacher, seit er denken kann.
Er ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Kalksandsteinindustrie und
Unternehmer in zweiter Generation im familieneigenen Kalksandsteinwerk in
Wendeburg in Niedersachsen.
Für ihn ist der Baustoff nicht nur ein Material, sondern auch Kindheitserinnerung,
Gesprächsthema, Familiengeschichte.
Wenn man eben groß wird in einem, sag ich mal, familiären Umfeld,
wo die Firma, sprich die Familienfirma, auch eine große Rolle spielt,
dann kommt man natürlich auch als Kind sehr schnell in Kontakt mit dem,
was der Vater quasi so macht.
Das war natürlich bei uns auch der Fall. Wir sind zwar drei Brüder gewesen,
bin der Älteste gewesen, aber alle drei waren eigentlich Feuer und Flamme,
was, sag ich mal so, das Umfeld von so einem Kalk-Sandstein-Werk angeht.
Da ist ja eine ganze Menge, was man eben als Kinder dann so nutzen kann.
Unter anderem zum Beispiel haben wir in den Seen gebadet, wo ja der Sand entnommen worden ist.
Das waren natürlich herrliche Erlebnisse. Wir haben gezeltet,
wir haben also ganz, ganz viel gemacht.
Natürlich waren auch andere Themen da. Mein Vater hat auch berichtet.
Wir haben auch gemerkt, dass es mal auf, mal ab ging.
Also das merkte man auch durchaus an den Stimmungen.
Aber insgesamt würde ich mal sagen, hat diese, sag ich mal, diese Atmosphäre
und das, was wir so als Familie gelebt haben, hat auch dazu geführt,
glaube ich, dass wir uns alle drei,
aber ganz besonders, glaube ich, mit dieser Branche und mit dem Produkt auch identifiziert haben.
Und vielleicht eins noch, diesen Duft von Kalksandstein. Also das geht einem
auch nie wieder irgendwie raus.
Also frische Steine, die gerade aus dem Kessel gezogen werden,
die haben einen wunderbaren Duft.
Also ich finde das zumindest so und das lässt einen dann nicht mehr los.
Jan Dietrich Radmacher führt ein Kalksandsteinwerk in Wendeburg,
gegründet von seinem Vater im Jahr 1963.
Er ist in das Unternehmen hineingewachsen, kennt die Prozesse,
die Maschinen, die Menschen.
Die Nähe zum Baustoff ist bei ihm biografisch gewachsen. Und genau das prägt
auch seinen Blick auf das große Ganze.
Denn während in den Werken alles bereitsteht, moderne Anlagen,
eingespielte Teams, verlässliche Lieferketten, bricht der Markt an anderer Stelle ein.
Die Bauwirtschaft steckt fest.
Gestiegene Zinsen, fehlende Förderung, aufgeblähte Normen, Genehmigungen, die Monate dauern.
All das führt dazu, dass kaum noch gebaut wird, obwohl der Bedarf riesig ist.
Für Jan Dietrich Radmacher ist das nicht nur ärgerlich, sondern Ausdruck eines
größeren Versäumnisses.
Er spricht von einem Paradoxon und von einem klassischen Marktversagen,
das sich nur durch politische und regulatorische Änderungen beheben lässt.
Auf der Jubiläumsfeier zum 125-jährigen Bestehen des Verbands hat er diese Gedanken
öffentlich formuliert.
Klar, direkt und mit einem Appell, der über die eigene Branche hinausweist.
Wir hatten ja gerade die große Jubiläumsfeier in Braunschweig, 125 Jahre.
Den Verband haben wir da gefeiert in dem Fall.
125 Jahre ist er alt geworden. Ich habe das da auch angesprochen.
Ich glaube wirklich, und ich denke, das ist eine Art Paradoxon,
was wir da aktuell haben.
Denn zum einen haben wir eigentlich einen hohen Bedarf. Wir müssen Wohnraum schaffen.
Wir brauchen Wohnraum aus verschiedensten Gründen. Wir brauchen auch preiswerten Wohnraum.
Erstmal haben wir einen hohen Bedarf.
Und gleichzeitig haben wir eine Industrie, die Kalksandsteinindustrie,
aber auch andere Mauerwerksindustrien, können da genau das gleiche Lied singen,
liegen brach und haben nichts zu tun.
Das ist ein echtes Paradoxon oder das ist auch klassisch gesprochen volkswirtschaftlich
Marktversagen. Das heißt, der Markt regelt es aktuell nicht.
Jetzt kann man fragen, warum regelt es der Markt nicht?
Da gibt es Gründe. Zum einen haben wir durch diesen Angriffskrieg,
der in 1922 losgegangen ist, der Russen auf die Ukraine, dazu geführt,
dass wir eben enorme Steigerungen im Energiebereich hatten.
Das hat dann wiederum dazu geführt, dass die Inflation stark angestiegen ist
und das hat dazu geführt, dass der Zinssatz stark angestiegen ist.
Beziehungsweise die EZB musste reagieren und musste die Zinsen hochfahren.
Das ist eben ein privates Mittel, um Inflation zu bekämpfen.
Und das hat aber gravierende Auswirkungen auf den Baubereich.
Zum einen sind unsere Preise explodiert. Wir mussten natürlich die Energiepreise
weitergeben in Form von Preiserhöhungen bei uns.
Und zum anderen ist durch den Zinssatz
natürlich die Kreditnachfrage nach Baukrediten auch abgewirkt worden.
Und das hat dazu geführt, dass plötzlich, obwohl wir eben eigentlich den Bedarf
haben, nicht mehr gebaut werden konnte.
Es war zu teuer und die Finanzierung hat nicht mehr gepasst. Parallel.
Das habe ich auch überhaupt nicht verstanden, hat die damalige Ampelregierung
die Fördermaßnahmen eigentlich komplett zusammengestrichen.
Das ER55 ist völlig ausgelaufen, Baukindergeld ist abgeschafft worden.
Also die ganze Förderkulisse hat sich zusätzlich noch aufgelöst.
Das war wie wenn man von 200 auf die Bremse geht und irgendwann dann quasi bei Null ist.
Und damit haben wir plötzlich nichts mehr zu tun gehabt und das galt für den gesamten Markt.
Und im Grunde genommen stecken wir heute noch in der gleichen Krise.
Sicherlich sind Energiekosten etwas wieder runtergegangen, aber wir haben natürlich
im Nachgang sehr, sehr hohe Kosten bei dem Personal gehabt, weil natürlich durch
die Lohnforderungen der letzten Jahre ist ja logisch,
irgendwo musste ausgeglichen werden. Durch Inflation mussten natürlich auch die Löhne steigen.
Das heißt, der Lohnsektor ist relativ teuer geworden und in den anderen Bereichen
sind die Preise natürlich auch nach oben gegangen, sodass wir ja heute weiterhin
einen relativ hohen Preis haben für unser Produkt.
Und andere Produkte, die im Baubereich eben eingebaut werden, sind weiterhin teuer.
Das heißt, die Baukosten sind weiterhin hoch.
Gut, das Zinsniveau hat ein bisschen nach unten reagiert, aber das reicht nicht
aus, um eigentlich den Markt wieder zusammenzuführen.
Wir brauchen klare Unterstützung und wir hatten ja sehr, sehr viel Hoffnung
gelegt in den Regierungswechsel.
Der ja jetzt auch schon, sag ich mal, fünf Monate fast her ist und leider sind
die Erwartungen, die wir gehabt haben, nicht so eingetreten.
Also zum einen, weiß ich nicht, sind die Prioritäten doch anders gesetzt worden.
Wir haben zwar dieses unheimlich hohe Milliardenpaket für Rüstung und auch für Infrastruktur.
Jetzt könnte man sagen, Infrastruktur, da ist auch Wohnen mit dabei.
Ist aber nur ein ganz kleiner Teil, der damit quasi reingebracht wird.
Wir haben viele politische Gespräche geführt. Für mich ist Wohnen ein Grundbedürfnis.
Und dieses Grundbedürfnis muss befriedigt werden. Und ich finde,
da muss auch eine Regierung für sorgen. Und wir brauchen preiswertes Wohnen.
Es kann ja nicht sein, dass sich Familien keine Wohnung mehr leisten können,
weil sie einfach die Mieten nicht mehr bezahlen können oder weil sie die Baukosten
nicht bezahlen kann. Wenn das der Fall ist, dann läuft was falsch.
Und ich finde, da muss eine Regierung reagieren. Und das tut sie aktuell nicht.
Und dementsprechend werden wir auch in diesem Jahr und wahrscheinlich auch im
nächsten Jahr noch mit sehr, sehr wenigen Mengen nur auskommen.
Und das bedeutet, dass weiterhin Arbeitsplätze in Gefahr sind oder abgebaut werden.
Und das bedeutet auch, dass Kapazitäten stillgelegt werden.
Das heißt langfristig, dass dieser Markt, der eigentlich mal gut funktioniert
hat, selbst wenn irgendwann mal wieder Nachfrage kommt, große Schwierigkeiten
haben wird, diese Nachfrage dann zu befriedigen. Das sehe ich also als nächstes großes Problem.
Dann will ich nur ein Thema in dem Zusammenhang ansprechen, was ich auch für sehr wichtig halte.
Und da hat es auch Studien gegeben, die haben wir auch bei verschiedenen Gelegenheiten
kommuniziert als Verband.
Das ist die volkswirtschaftliche Bedeutung der Bauindustrie.
Wenn wir immer darüber sprechen, was muss gefördert werden, wo muss gefördert werden,
dann verstehe ich nicht, dass wir, das müssen wir einfach stärker nach vorne
bringen, dass wir nicht sagen, dass wir im Grunde genommen mit unserer volkswirtschaftlichen
Bedeutung, Da meine ich Steuerzahlungen, da meine ich Mitarbeiter,
da meine ich also die ganzen Themen, die eben für eine funktionierende Volkswirtschaft wichtig sind.
Da ist der Baubereich genauso stark wie die gesamte deutsche Automobilindustrie.
Und wenn die Automobilindustrie ein Problem hat...
Dann ist sofort der Kanzler da und sofort wird eingeladen zu gipfeln und es
wird irgendwas gemacht.
Wenn wir das nach vorne bringen, dann passiert gar nichts. Auch ein Punkt,
den ich ganz klar anklage, da muss ich was ändern.
Denn eine letzte Sache zum Thema Subventionen. Man kann ja über Subventionen
immer sagen, das ist eigentlich nicht gut.
Aber die Bausubvention, die verbleibt zum überwiegenden Teil in Deutschland.
Sie führt zum Gewerbesteuereinnahmen, sie führt zum Lohnsteuer,
sie führt zur Umsatzsteuer.
Da geht wenig nach außen. Wenn ich das Elektroauto fördere, wie das ja jetzt
wieder in der Diskussion ist, dann geht das auch an chinesische,
koreanische und japanische Hersteller oder amerikanische Hersteller und das Geld ist weg.
Das heißt, die Subvention kommt nicht Deutschland zugute, sondern die kommt
dann in anderen Ländern zugute.
Also unsere Subventionen im Baubereich sind eigentlich nahezu 100 Prozent auch in Deutschland.
Und das ist mit nochmal ein Grund, dass man das eigentlich tun sollte.
Kalk-Sandstein ist im mehrgeschossigen Wohnungsbau der mit Abstand wichtigste Mauerwerksbaustoff.
Regional produziert, technisch ausgereift, ökologisch wirksam und dennoch in
der öffentlichen Wahrnehmung bleibt er oft unsichtbar.
Genauso wie viele andere Teile der Bauwirtschaft auch.
Dabei ist ihr volkswirtschaftlicher Beitrag enorm, größer als zum Beispiel der
der Automobilindustrie.
Für Jan Dietrich Radmacher ist das ein zentrales Problem.
Denn solange nicht klar ist, wie wichtig diese Branche ist, bleiben auch politische
Impulse und Fördermaßnahmen aus.
Was es bräuchte, ist eine gemeinsame Stimme als Verständigung über das,
was gebaut werden kann, über Standards, die funktionieren und über das,
was dieser Baustoff tatsächlich leistet.
Der Bundesverband arbeitet deshalb an neuen Instrumenten.
Zum Beispiel hat er im April 2025 ein eigenes Kalksandstein-Nachhaltigkeits-Gütesiegel
eingeführt, das die ökologischen Eigenschaften von Kalk-Sandstein sichtbar macht,
nach innen und nach außen.
Doch Technik allein reicht nicht. Es braucht Menschen, die dafür einstehen und
bereit sind, das Gespräch zu suchen.
Vor Ort, im Verband und in der Politik.
Ja, der Verband, ich hatte ja gerade schon angesprochen, der engagiert sich
schon meiner Meinung nach sehr stark.
Natürlich kann man alle kommunikativen Themen noch verbessern, da sind wir auch dran.
Aber ich finde, wesentlich ist, dass der Verband zum einen organisiert ist in der DGFM,
das ist die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerksbau und dort auch mittlerweile
50 Prozent des Anteils dort auch hat in diesem Verband und dort sich meiner
Meinung nach sehr stark für Themen im Mauerwerksbau auch engagiert.
Denn ganz alleine nur KS, logisch, kriegen wir kein Gehör. Weil wir müssen natürlich
größer werden, wir müssen auch in unserer Bedeutung größer werden.
Deswegen ist das schon mal ein sehr großer Anker.
In der Branche selbst, also in der Kalksandsteinindustrie, haben wir einen Bundesverband,
der aus meiner Sicht viel, viel mehr ist als rein nur eine Kommunikationsbasis.
Wir haben ja dort ein ganzes Bündel von Menschen, die für den Verband arbeiten,
in ganz verschiedenen Bereichen.
Also wo habe ich in einem Verband auch eine Forschungsabteilung zum Beispiel,
die ganz stark auf diese Themen setzt, wie kann der Stein in der CO2-Bilanz
besser werden, wie können wir nachhaltiger werden.
Es gibt ein Nachhaltigkeitssiegel zum Beispiel von dieser Forschungsabteilung.
Dann haben wir eine Normungsabteilung. Dann haben wir auch eben eine Kommunikationsabteilung.
Wir haben Bauanwendung.
Also wir sind in allen Bereichen gut aufgestellt und beschäftigen dort Akademiker,
die auch gute Ergebnisse erzielen. Wir haben eine letzte Abteilung noch,
die habe ich jetzt bisher noch nicht genannt, aber die ist ja auch ganz wichtig.
Das ist für die ganzen Umweltfragen, wo wir auch Recycling-Themen zum Beispiel
ansprechen, wo wir in den verschiedenen Gremien sitzen, wo es einfach auch wichtig
ist, heute seine Stimme zu erheben.
Das, finde ich, zeichnet den Verband aktuell aus. Wir sind also breit aufgestellt
und können eigentlich in vielen Bereichen auch mit guter Qualität mitreden.
Das ist ja heute wichtig, denn wir können ja nicht irgendwelche Aussagen treffen,
die wir nicht belegen können, sondern wir müssen ja Aussagen treffen,
die auch wissenschaftlich belegt sind.
Da finde ich, ist eben so eine Expertise, wie der Verband aktuell hat,
ein echtes Fund, mit dem wir da auch wuchern sollten und können.
Digitalisierung, auch ein großes Thema. Auch hier ist der Verband sehr,
sehr stark und gut aufgestellt, Denn dieses Thema wird ja auch immer erhöhen Gewicht haben.
KI, BIM, Prozesssteuerungen, überall dort haben wir auch unsere Fachleute und
können da also auch im Verband, aber auch in den Unternehmen wichtige Aussagen treffen.
Wenn ich jetzt nochmal auf die Kommunikation eingehen darf, die,
sagen wir mal, sich mehr mit dem Produkt und dem Markt beschäftigt,
dann möchte ich nochmal dieses Nachhaltigkeitssiegel erwähnen.
Es ist ja so, dass wir vor drei Jahren, hat ja der Bundesverband
hat eigenständig eine Roadmap vorgelegt, in der er aufzeigt,
wie die gesamte Industrie klimaneutral bis 2045 wird.
Und wir haben klar gesagt, dass wir das schaffen, dass wir da auch Möglichkeiten
haben, sogar besser zu werden als nur klimaneutral, denn wir können sogar klimapositiv werden.
Ich will das auch nochmal hier kurz erläutern, auch ein Thema wissenschaftlich hinterlegt.
Der Baustoffkalksandstein ist in der Lage, CO2 wieder aufzunehmen.
Wir sprechen in dem Zusammenhang von Rekarbonatisierung. Und diese Rekarbonatisierung
führt dazu, dass ungefähr 50 Prozent der Menge, die vorher emittiert wurde,
wieder im Baustoff gebunden wird.
Und zwar ohne, dass er entweicht. Selbst wenn der Stein später recycelt wird
oder was auch immer damit passiert, dieses CO2 ist fest gebunden.
Und wenn ich jetzt sage, wir sind in den ganzen Prozessen vorher klimaneutral.
Also einschließlich auch unseres Kalkes, der den höchsten Anteil hat,
dann bedeutet das nichts anderes, dass wir eine Senke organisieren können.
Das heißt, wir werden sogar klimapositiv.
Und da sind wir auf dem Weg, das auch zu dokumentieren. Und dafür gibt es zum
Beispiel ein Nachhaltigkeitsgütesiegel, das schon mal aufzeigt, alle die Unternehmen,
die das aktuell, und das sind, glaube ich, jetzt nach meinen Erkenntnissen über
40 Unternehmen, die bereits dieses Nachhaltigkeitssiegel erhalten haben,
die schon mal zeigen, dass gewisse Standards schon mal erreicht werden.
Das heißt, dass wir schon mal sagen können, wir haben schon mal einen Großteil des CO2 eingespart.
Wir sind noch nicht bei Null, aber wir sind auf einem guten Weg.
Und dieses Nachhaltigkeitssiegel werden wir jedes Jahr oder ich sage mal,
jedes zweite, dritte Jahr sicherlich auch anpassen, verschärfen,
sodass das ein Ansporn sein wird für die Unternehmen, immer weiter in diese
Richtung zu investieren, um natürlich diese Klimaneutralität dann irgendwann auch zu erreichen.
Was macht einen Beruf heute attraktiv? Die Antwort fällt selten eindeutig aus,
aber sie beginnt oft mit einem Gefühl.
Nähe, Sinn, Zukunft.
Viele Kalksandsteinwerke liegen in ländlichen Regionen, mitten in der Fläche,
nicht in den Metropolen.
Und genau das kann ein Vorteil sein.
Kurze Wege, verlässliche Arbeitsplätze, ein familiäres Umfeld.
Und eine Branche, die mehr bietet, als man denkt. Denn wo früher schwere Maschinen
ratterten, laufen heute digital gesteuerte Anlagen.
Pläne kommen per Mausklick, gesägt, wird automatisiert, gelagert und verbaut nach QR-Code.
Was bleibt, ist das Material, was dazukommt, ist Technologie.
Jan Dietrich Radmacher erlebt das täglich in seinen Werken. Ausbildung mit Zukunft,
Arbeit mit Sinn und das Potenzial, junge Menschen für Handwerk,
Technik und Verantwortung zu begeistern.
Ob als Azubi, Fachkraft oder Unternehmer, die Kalksandsteinindustrie bietet Raum zum Mitgestalten.
Aber nur, wenn man darüber spricht und zeigt, was wirklich dahinter steckt.
Was junge Menschen heute suchen und wie sich die Branche dafür aufstellt,
erzählt er im letzten Abschnitt.
Also erstmal kann ich sagen, da ist auch der Verband aktiv. Es gibt einen Azubi-Tag,
ja, zum Beispiel auch eine ganz wichtige Sache.
Auch unsere Azubis gehen da zum Beispiel hin und tauschen sich dann mit anderen
Auszubildenden aus anderen Betrieben aus.
Also ich glaube ganz klar, unser Produkt ist so attraktiv, dass wir,
zumindestens hier bei uns kann ich das sagen, dass wir auch weiterhin Mitarbeitende
finden, die hier anfangen wollen und die vielleicht oder es auch tun,
ihren Arbeitsplatz hier aufnehmen wollen und eben auch eine Ausbildung hier beginnen.
Wir müssen dieser Attraktivität natürlich weiter nach vorne stehen.
Mauerwerk muss so in der Kommunikation auch rübergebracht werden bei den jungen Menschen, dass es
Und interessant ist, dass es also eine Story dazu gibt. Ich glaube,
das wandelt sich so ein bisschen. Zumindest ist das mein Eindruck.
Bisher galt es ja immer, wir müssen alles anders machen und Tradition nicht so wichtig vielleicht.
Ich glaube, ein bisschen kommen wir von der Welle wieder zurück und sagen, es gibt bewährte Dinge,
die müssen zwar auch verbessert werden, da müssen wir auch gucken,
wie wir da in Zukunft mit umgehen und wir müssen sie eben auch auf diese technischen
Anforderungen der Zukunft umrüsten, aber sie sind weiterhin ein fester Bestandteil
des Wohnungsbaus und alles, was drumherum hängt.
Und das wird erkannt und deswegen glaube ich, ist Mauerwerk,
also Produzenten von Mauerwerksbaustoffen, sind auch interessant für junge Leute.
Außerdem hatte ich ja schon angesprochen zum Beispiel, häufig sind die Menschen
ja sehr digital affin und auch das ändert sich da auch.
Ich meine, wenn ich das heute sehe, ich bin jetzt seit über 30 Jahren ja hier bei uns im Unternehmen.
Früher waren das ganz einfache Steuerungen und wir hatten kaum Robotertechnik.
Heute haben wir, wir haben ja jetzt gerade vor zwei Jahren eine Sägeanlage in
Betrieb genommen, die hat vier Roboter.
Also das ist regelrecht eine Straße, wie man sie aus der Automobilindustrie
kennt, wo die Roboter an diesen Steinen und die zurechtschneiden arbeiten.
Und das begeistert junge Menschen. Und da haben die dann auch Lust mitzuhelfen
und sind dann auch bereit, den einen oder anderen Nachteil vielleicht zu tragen.
Wir sind halt nicht so ein Reinraumunternehmen, wie es vielleicht bei Bosch
oder bei Volkswagen ist, sondern bei uns gibt es immer noch mal ein bisschen Staub.
Aber das stört ja nicht, wenn Sie sehen, dass die Technik auf dem Stand ist,
wie bei anderen eben auch. Und das, glaube ich, begeistert Menschen.
Und deswegen finden wir also immer noch Leute, die bei uns eine Elektriker-Ausbildung
machen wollen oder Anlagenausbildung.
Also wir bieten vieles an, sogar Schlosser und so weiter.
Also ich denke, dass die jungen Menschen darauf gucken. Und vielleicht die letzte
Sache, die für uns wichtig ist und die wir sehen, wir sind ja häufig im ländlichen Gebiet.
Mit unseren Betrieben. Das heißt also, häufig gibt es nicht so viel Industrie.
Wir haben sehr viel Landwirtschaft in der Umgebung und da sind wir dann doch
mal die Ausnahme. Und das macht die Sache auch wieder attraktiv.
Und wir nehmen gerne Menschen aus dem landwirtschaftlichen Bereich,
weil die wissen eigentlich, wo die Arbeit ist.
Und das heißt also, die sind sehr, sehr engagiert häufig.
Und das macht die Sache auch nochmal rund für uns.
Also insofern, ich glaube, dass wir eine hohe Attraktivität auch für junge Menschen
haben, aber man muss da was für tun und man muss da unterwegs sein,
man muss auch sich engagieren,
man muss in die Schulen gehen, man muss Gespräche führen, also ganz ohne und
nur zu warten, dann wird es nichts.
Also da muss schon was passieren, aber ich glaube, wir brauchen mit unseren
Betrieben und mit dem, was wir machen, keine Angst haben, dass wir als Altbacken
wäldern, sage ich jetzt mal.
Kalk, Sand, Wasser. Daraus entsteht Kalksandstein.
Und wie Jan Dietrich Radmacher zeigt, daraus entstehen auch Verantwortung,
Identifikation und Engagement.
Im Werk, im Verband und darüber hinaus.
Ein Baustoff mit Geschichte, eine Branche im Wandel und das klare Bekenntnis,
Wer klimafreundlich, bezahlbar und solide bauen will, muss nicht neu erfinden,
aber klug weiterdenken.
Jan Dietrich Ratmacher hat deutlich gemacht, wie wichtig politische Rahmenbedingungen,
klare Kommunikation und attraktive Ausbildungswege sind.
In der nächsten Folge blicken wir zurück auf die Anfänge der Kalksandsteinindustrie,
auf politische Umbrüche, Normierungen und Verbandsgründungen und auf ein Leben,
das über drei Jahrzehnte eng mit dem Material verbunden ist.
Mein Gesprächspartner ist dann Dr. Hannes Zapf, Unternehmer,
Vorstandsmitglied des Bundesverbands und eine Stimme mit viel Erfahrung und Weitblick.
Das war eine weitere Folge von Planstimme, dem Format von Architektourist über
die Menschen hinter den Plänen.
Mehr zur Geschichte und Zukunft der Kalksandsteinindustrie hörst Du in den
kommenden beiden Episoden dieser Miniserie mit Dr.
Hannes Zapf und Dr. Wolfgang Eden.
Weitere Informationen zum Bundesverband Kalksandsteinindustrie,
zu Jan-Dietrich-Radmacher und zur Kalk-Sandstein-Produktion findest Du wie immer in den Shownotes.
Wenn Dir diese Folge gefallen hat, empfiehle sie gern weiter oder hinterlasse
eine Bewertung bei Spotify oder Apple Podcasts.
Ich bin Alexandra Busch. Danke fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge von Architektourist.
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