Architektourist

Der Podcast für Architektur, Bautechnik und Baukultur - von und mit Alexandra Busch.

#8 Urbanes Wohnen in Holz - CO₂-neutrales Wohnhaus in Stuttgart

Architekturagentur gestaltet das „Max Acht“ mit Massivholzelementen von Holzius

23.07.2024 26 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Folge erkunden wir das „Max Acht“, ein wegweisendes Wohnprojekt auf dem Gelände des ehemaligen Olga-Hospitals im Stuttgarter Westen. Erbaut aus leimfreiem Massivholz ist das viergeschossige Wohnhaus vollständig recycelbar und CO₂-neutral. Es ist das erste seiner Art in Stuttgart und Baden-Württemberg und fällt unter die Gebäudeklasse 4. Das „Max Acht“ bietet elf unterschiedlich große Wohnungen, darunter zwei geförderte und zwei Inklusionswohnungen, sowie attraktive Gemeinschaftsbereiche. Das Projekt wurde von der Baugemeinschaft MaxAcht realisiert.

Diese Episode ist eine Zweitverwertung und erschien zuerst im Rahmen der „BauTour Stuttgart“. Die „BauTour Stuttgart“ ist eine Podcastserie, die ursprünglich für die Messe DACH+HOLZ International 2024  entstanden ist. Sie wurde in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) konzipiert und gibt Einblicke in sechs aktuelle Bauprojekte in Stuttgart. In den kommenden Wochen werden wir nach und nach jedes dieser sechs Projekte vorstellen.

Experten in dieser Episode:
Oliver Hilt – Architekt bei der Architekturagentur in Stuttgart
Herbert Niederfriniger – Geschäftsführer der Firma Holzius in Südtirol

Weitere Links:
Architektur/Stadtplanung: architekturagentur, Stuttgart/Bobingen, https://www.architekturagentur.de/geplant-gebaut-details/maxacht-stuttgart.html
Bauherrschaft: Wohnungseigentümergemeinschaft MaxAcht, Stuttgart
Lieferant Vollholz: Holzius, Laas (Südtirol), https://www.holzius.com/de/referenzen/mehrgeschossiger-holzbau-maxacht/

Messe DACH+HOLZ International: https://www.dach-holz.com/
BauTour Stuttgart: https://www.youtube.com/watch?v=6r-uGwP1gvI&list=PLQ_KktVQzBtCYBsc_2x3GytVrQ4CnUdNm
Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM): https://www.ghm.de/

Coverbild: architekturagentur

Der Podcast:
Architektourist bietet eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten – von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung.

Seid bei der nächsten Folge wieder dabei, wenn wir weitere spannende Projekte und Persönlichkeiten aus der Welt des Bauens vorstellen. Wenn Euch die Episode gefallen hat, abonniert Architektourist bei Eurem bevorzugten Podcast-Anbieter.

Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf Eure Nachrichten unter kontakt@architektourist.de.

Transkript

Ob in der Stadt oder auf dem Land, Architektur umgibt uns. Überall. Stellt euch ein mehrgeschossiges Wohnhaus in Stuttgart vor, das nicht nur durch seine ästhetische Holzbauweise besticht, sondern auch durch seine CO2-neutrale Konstruktion. Kommt mit auf eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. Heute sind wir zu Gast im Wohnhaus MAX 8 in Stuttgart-West. Hallo und herzlich willkommen bei Architekturist, dem Podcast, der euch auf einer Entdeckungsreise durch die Welt der Architektur und Bautechnik mitnimmt. Ich bin Alexandra Busch. In unserer heutigen Folge werfen wir einen Blick auf die Bautour Stuttgart, ein Podcast-Projekt, das im Rahmen der Messe Dach und Holz International 2024 in Stuttgart entstanden ist. Die Dach und Holz ist der Treffpunkt für alle, die im Dachdecker-, Zimmerer- und Baukleppnerhandwerk zu Hause sind, sowie für Architekturschaffende und andere Bauplanende. Die Messe findet alle zwei Jahre statt und wechselt zwischen Stuttgart und Köln mit allem, was das Herz begehrt, von Dachsystemen und Holzbautechniken bis zu Solaranlagen und smarten Planungstools. Und weil Vorfreude ja die schönste Freude ist, notiert euch schon mal den 24. bis 27. Februar 2026. Dann treffen wir uns alle auf der Dach und Holz in Köln zum Thema Green Building, Gebäudehülle und konstruktiver Holzbau. Zurück aber zur Messe, die im März 2024 in Stuttgart stattfand. Die Bautour Stuttgart, die ich in Zusammenarbeit mit der GHM, Gesellschaft für Handwerksmessen NBH, entwickelt und produziert habe, stellt sechs Architekturprojekte aus den Bereichen Dach und Holzbau in und um Stuttgart vor. Die sechs Episoden sind auf der YouTube-Seite der Messe Dach und Holz veröffentlicht. Den Link dazu findet ihr hier in den Shownotes. Ein riesiges Dankeschön geht an die GHM, die es möglich gemacht hat, dass ich die spannenden Projekte jetzt auch auf Architekturist präsentieren kann. In den nächsten Wochen stelle ich euch also nach und nach die sechs Projekte vor, die ich für die Bautour Stuttgart ausgesucht hatte. Freut euch auf interessante Geschichten und Gespräche mit den Macherinnen und Machern der verschiedenen Gebäude. Wir starten in dieser Episode die Serie im Stadtteil Stuttgart-West auf dem Gelände des ehemaligen Olga-Hospitals. Hier steht unser heutiges Highlight, das Wohnhaus Max 8. Dieses CO2-neutrale Gebäude ist ein tolles Beispiel für nachhaltiges und gemeinschaftliches Wohnen. Bitte beachtet, das private Wohnhaus ist nicht öffentlich zugänglich. Meine Interviewgäste heute Oliver Hild, Architekt bei der Architekturagentur in Stuttgart und Herbert Niederfrieniger, Geschäftsführer der Firma Holzius, die uns mehr über die Konzeption und die nachhaltigen Aspekte des Wohnhauses erzählen werden. Doch bevor wir in das Gespräch einsteigen, möchte ich euch einige Details zum Wohnhaus Max 8 mitgeben. Auf dem Gelände, wo einst das Olga-Hospital stand, hat sich ein neues, lebendiges Wohnquartier entwickelt. Die Stadt Stuttgart vergab die dortigen Grundstücke gezielt an Projekte, die eine nachhaltige Innenentwicklung versprachen. Inmitten dieses Quartiers, auf einem Eckgrundstück, steht das Wohnhaus Max 8, ein viergeschossiges Bauwerk, das von einer Gemeinschaft visionärer Menschen erschaffen wurde. Ursprünglich von acht Parteien gegründet, wuchs diese Baugemeinschaft auf elf Parteien an. Ihr Ziel, nicht nur ein Dach über dem Kopf zu bieten, sondern ein Zuhause, das ökologische Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität und gesundes Wohnen vereint. Aber es geht hier um mehr als nur ums Wohnen. Die Baugruppe setzte sich das Ziel, ein integratives, generationenübergreifendes und inklusives Wohnprojekt zu realisieren. Durch die gemeinsame Organisation des Projekts erhielten auch Bauherren mit kleinerem Budget die Chance, Teil dieser Gemeinschaft zu werden. Das Konzept der Baugemeinschaft ist ebenso innovativ wie ambitioniert. Sie brachten das traditionelle Holzhaus zurück in die städtische Landschaft und errichteten das erste mehrgeschossige Wohnhaus in Stuttgart, das gänzlich aus leimfreien und metallfreien Massivholzelementen besteht. Ihr Wunsch war es, ein Gebäude zu schaffen, das sich anfühlt wie ein ausgehöhlter Baumstamm, frei von Bauchemie, eine Oase aus Holz inmitten der sonst zu Beton- und Ziegel geprägten Umgebung der Stadt. Die Architektur des MAX 8 stammt vom Stuttgarter Büroarchitekturagentur. Bei der Konzeption lag der Fokus darauf, die verfügbare Fläche optimal zu nutzen, ohne dabei Wohnqualität einzubösen. Das Ergebnis ist ein Entwurf mit durchgesteckten Wohneinheiten, was traditionelle Flure minimiert. Die so gewonnene Fläche kommt stattdessen den Gemeinschaftsbereichen zugute, die von allen Bewohnerinnen und Bewohnern genutzt werden können, sei es zum Feiern, für Gästeunterkünfte oder als Treffpunkt für die Nachbarschaft. Der elfförmige Baukörper beherbergt elf Wohneinheiten mit flexiblen Grundrissen. Dies ermöglichen die Wohnungen, den wechselnden Anforderungen der Bewohnerinnen und Bewohner im Laufe ihres Lebens anzupassen. Durch den Verzicht auf Flure und Nebenräume sowie durch die effiziente Holzmassivbauweise mit ihren geringen Wandstärken konnte der nutzbare Wohnraum maximiert werden. Im Erdgeschoss entstand ein großzügiger Mehrzweckraum mit Küche und Außenbereich, der von der gesamten Wohncommunity genutzt werden kann. Ein zentrales Anliegen der Eigentümergemeinschaft war es, die Holzkonstruktion im Inneren sichtbar zu belassen. Diese natürliche Holzsicht prägt alle Wohnungen und schafft eine warme Atmosphäre. Raumhohe Holzfensterelemente sorgen für helle, lichtdurchflutete Räume und bieten Ausblicke in die umliegenden Höfe. Die Erschließung der Wohnungen erfolgt über ein Treppenhaus aus Sichtbeton. Trotz der Sichtbarkeit des Holzes im Inneren offenbart sich das Gebäude nach außen nicht sofort als klassisches Holzhaus. Mit ihrer metallisch lasierten Schalung aus vorverkrauten Fichtenholzlamellen und den ergänzenden Streckmetallelementen nimmt sie viel mehr urbane Texturen auf und fügt sich nahtlos in das städtische Umfeld ein. Nachhaltigkeit und ökologisches Bauen waren leitende Prinzipien in der Planung und Umsetzung von MAX 8. Eine Ökobilanz bestätigt die CO2-neutrale Erstellung des Projekts. Diese Verpflichtung zu umweltschonenden Bauen spiegelt sich auch in der Auswahl der Materialien wider, die alle für eine spätere sortenreine Trennung und Recycling konzipiert sind. Der Verzicht auf zusätzliche Ausbaumaterialien, wie zum Beispiel der Einsatz von Sichtestrich anstelle von herkömmlichen Bodenbelegen, unterstreicht diesen nachhaltigen Ansatz. Nun freue ich mich, zwei wichtige Menschen hinter dem Wohnhaus MAX 8 vorzustellen. Zum einen Oliver Hild, Architekt bei der Architekturagentur in Stuttgart. An seiner Seite haben wir Herbert Niederfrieniger, Geschäftsführer der Firma Holzius in Südtirol, dessen Unternehmen die leimfreien Massivholzelemente für MAX 8 lieferte. Lassen Sie uns direkt in das Gespräch starten. Herr Hild, wie ist denn die Bauherrengemeinschaft damals auf die Architekturagentur aufmerksam geworden? Ganz am Anfang hatten wir ein Initialprojekt auf der Internationalen Bauausstellung in Hamburg, wo wir eines der ersten fünfgeschossigen leimfreien Massivholzgebäude geplant und errichtet haben, mit dem Fokus, dass am Ende seiner Nutzungszeit einfach sortenrein auseinanderbaubar sein muss und sein wird, sodass kein Müll übrig bleibt. Ergänzt mit der Tatsache, dass das Haus mit Beginn der Lebensphase komplett CO2-neutral war, und das schon vor über zehn Jahren. Interessierte Bauherren aus Stuttgart, die seinerzeit eine Exkursion dorthin machten, hatten sich in dieses Haus quasi verguckt und dann für sich ihr eigenes Projekt überlegt, ob sie das nicht in einer ähnlichen Form bauen können. Und so hatte das dann über den Lauf der Zeit immer mehr Konturen angenommen, bis wir uns dann 2015 bei der Stadt Stuttgart in einer Konzeptvergabe beworben haben und eben auch vollmundig ein CO2-neutrales Gebäude versprochen haben. Das eben auch diese ganzen ökologischen und sozialen Faktoren mit Inklusion, mehr Generationen wohnen in sich vereint. Und so ist das quasi von einem ersten Versuchsprojekt zu einem zweiten Projekt geworden, das in einer ähnlichen Weise konstruiert wurde. Auch Max 8 ist komplett demontierbar irgendwann mal. Und so hat sich das eine zum anderen ergeben und so ist dieses Projekt in Stuttgart entstanden. Ein Holzwohnhaus mitten in der Stadt, ist das nicht eine exotische Idee? Ist ja so eine Sache, wenn man gedenkt ein Holzhaus zu bauen, weil die meisten Leute ja sofort an irgendwelche romantischen Bilder im Kopf denken, dass da vielleicht so eine Alpenoptik entsteht oder dass da irgendwelche Fachwerkhäuser entstehen, die bei uns in der Region ja sehr verbreitet sind. Aber das ist natürlich keine Designsprache, mit der man im 21. Jahrhundert irgendwie aufwarten kann. Deswegen haben wir natürlich schon auch dieses Haus so geplant, dass es sich äußerlich gar nicht unterscheidet von jedem anderen Haus, das in der Zeit gebaut wird. Es hat ein flaches Dach, es hat quasi eine sehr bündige Fassade und auch von der Materialität her eine sehr städtische Anmutung. Also wenn man das Haus aus der Ferne sieht, dann sieht es eher ein bisschen aus wie so ein silberglänzendes Objekt. Erst bei näherem Betrachten sieht man, dass das eigentlich eine Holzschalung ist, die mit so einer Vorvergrauungslasur behandelt ist. Und die hat eben so ein bisschen einen metallischen Effekt, damit Sonnenlicht reflektiert wird. Und so fügt sich das Haus dann eigentlich sehr nahtlos in diesen städtebaulichen Kontext ein und fällt zunächst mal nicht als Sonderkörper auf und möchte sich als Holzbau in die Mitte drängen, sondern es ist in der Reihe der anderen Gebäude. Und erst wenn man sozusagen im Innenbereich des Gebäudes ist, in die Wohnung, dann offenbart sich dieser Holzbau. Herr Niederfriehneger, was macht Ihr Wand- und Deckensystem aus Holz so besonders? Was sind denn die Eigenschaften Ihrer Vollholzelemente? Ja, also unsere besondere Verbindungstechnik, also diese Leim - und metallfreie Holzplatte, die daraus entsteht, eben für Wand, für Decken, für Dach, da entsteht eine Einstofflichkeit und das hat eben entscheidende Vorteile. Also wir verwenden ja nur, in dem Sinne, nur Holz und das hat Vorteile in Bezug auf den Stoffkreislauf. Also sozusagen hinterlassen wir unseren Nachkommen keinen Müll. Ja, das bedeutet, dass praktisch gemäß dem Cradle -to-Cradle-Prinzip auch der technische als auch der biologische Kreislauf möglich ist und die Produkte einmal in einem Rückbau auch wieder der Natur sozusagen zurückgegeben werden können. Der nächste Vorteil, den wir aus der Einstofflichkeit heraus haben, ist einfach dieses baubiologisch einwandfreie Produkt Richtung Wohngesundheit, Richtung Behaglichkeit. Wenn man nur für die Wohngesundheit ein Beispiel nennt, eben wir haben keine chemischen Stoffe verbaut, die eben irgendwelche Ausgasungen und damit auch gesundheitsgefährdend sein können. Im Punkto Behaglichkeit, wir haben warme Oberflächen, die uns eben nicht die Körpertemperatur entzieht und deswegen kann die Raumtemperatur gut und gerne mal ein, zwei Grad tiefer sein und man hat trotzdem dieses wohlige Gefühl. Aber auch diese Feuchtigkeitsregulierende Wirkung vom Holz, das sind alles Themen, die praktisch das Holz einfach mitbringt. Und was hat das mit der Verbindungstechnik auf sich? Diese besondere Verbindungstechnik beachtet eben das Schwinden und Quellen des Holzes und das bedeutet, dass gerade auch bei Feuchtigkeitszunahme diese Platten ihre Maße behalten, also ihre Außenabmaße behalten, weil ganz einfach im Element diese Fugen zum Beispiel die Maßveränderungen aufnehmen und sozusagen, dass die Platte nicht größer wird. Und das ist ein wesentlicher Vorteil, das heißt wir erhalten einfach diese Maßhaltigkeit und durch die Mehrfach-Nudokamm-Verbindung sind wir dann auch imstande, also ein luft- und winddichtes Element zu haben. Prinzipiell ist es wirklich eine alte Technik, die wir ganz einfach neu belegen. Also wir sprechen hier von Vergraten, also die Gratleiste ist ja in den Stühlen, in den Tischen, alten Massivholzstühlen, wurde wie schon seit Jahrhunderten verbaut und genau diese Verbindungstechnik, die verwenden wir, um unsere Elemente zu verbinden. Wir beleben sozusagen eine alte Technik mit neuen Maschinen und Anlagen. Auch das ist Innovation. Herr Hild, leimfrei gefügt, das ist schon ungewöhnlich, oder? Das ist richtig. Also das ist, was den Holzbau in seiner Bandbreite eben anbelangt, ein sehr, sehr spezielles Feld. Da gibt es auch gar nicht so viele Hersteller, die ein System am Markt anbieten. Es eignet sich auch nicht jedes System, sage ich mal, solche Häuser zu bauen. Viele bauen damit Einfamilienhäuser, das ist noch relativ einfach. Aber sobald sie mal in die Höhe gehen, dann nehmen dann einfach die technischen Anforderungen zu und da muss eben jedes System zugelassen sein, dass sie das auch verbauen dürfen. Und bei dem System, das wir für MAX 8 verwendet haben, ist es sehr, sehr clever gefügt. Wir können damit tatsächlich viele Geschosse bauen und wir können auch, was den Brandschutz anbelangt, hier sichtbare Oberflächen beispielsweise belassen. Was dann eben auch, weil ja keine Ausdünstungen durch die Leime oder so entstehen, durchaus eine Qualität für die Wohnungen ist. Und bei MAX 8 ist es eben auch so, sämtliche Bauteile, die wir in diesem Holz errichtet haben, sind sichtbar im Gebäude. Und alle Innenoberflächen sind wirklich sichtbar? Es gibt keine Tapeten oder ähnliches? Es sind alle Materialien, die wir verbaut haben, sichtbar belassen. Es gibt auch einen Treppenturm aus Sichtbeton, den haben wir auch einfach so gelassen, wie er rauskam und damit war jeder happy. Also das ist auch vielleicht eine der Maßnahmen, wie wir für die Zukunft das kostenoptimierte oder kostengünstige Bauen hinkriegen, dass wir eben nicht tausend Schichten brauchen, die eine Optik herstellen, sondern wenn ein Material von sich aus eine Sichtoberfläche hat, dann darf man es auch gerne so lassen. Hängt natürlich ein bisschen vom persönlichen Geschmack ab, aber ein Bauteil braucht keine Tapete, wenn es von sich aus schon eine Qualität hat. Apropos Brandschutz, wie funktioniert das bei diesen Vollholzelementen? Prinzipiell funktioniert es relativ gut. Obwohl Holz brennt, hat es eigentlich in der Form, wie wir das in den Massivelementen verbaut haben, aber die Funktion, dass wenn es zu einer Entzündung kommt, durch eine entsprechende Verkohlung an der Oberfläche, dann auch zu einem gewissen Ablöschungseffekt kommt, weil einfach Reste von Wasser und Feuchtigkeit im Bauteil dann Rembrandt kristallisieren, zusammen mit dieser Kohleschicht dann eine quasi schützende Oberfläche bilden für die darunterliegenden Schichten und deswegen stellen wir auch immer wieder fest, dass bei dieser Verkohlung danach ein Löschungseffekt entsteht. Das ist ein bisschen anders, als wenn Sie ein stabförmiges Bauteil haben, also dieses klassische Bild eines Streichholzes, das kriegen Sie nur entzündet, weil eben ein kleines Volumen mit einer großen Oberfläche da ist. Bei den Elementen, die wir verbaut haben, ist die Oberfläche relativ klein bei einem großen Volumen. Herr Niederfrieniger? Also wir haben ein Naturmaterial und belassen das komplett, also im Holz einstofflich und es wird nichts eingebaut. So wie der Herr Hild gesagt hat, bildet sich die Kohleschicht, die Kohleschicht schützt sozusagen das darunterliegende Holz und das Holz ist eigentlich oder der Abbrand ist eigentlich perfekt berechenbar, dass man weiß, nach 60 Minuten haben wir noch diesen Querschnitt und dieser Querschnitt, der dreht noch. So funktioniert das, der Brandschutz eigentlich im Holz war. Das heißt, lieber Herr Hild, wenn Sie jetzt einen Holzbau planen, können Sie auf dem Brandschutzkonzept von damals wieder aufbauen? Wir hatten damals zusammen mit einem Brandschutz-Sachverständigen sehr, sehr frühzeitig ein Brandschutzkonzept entwickelt, wo wir eben die geltenden Schutzziele als eingehalten definiert haben, hier und da ein paar Kleinigkeiten kompensiert haben und haben das eben frühzeitig mit der Baurechtsbehörde und der Branddirektion besprochen. Damit wir eben auch am Schluss eine Genehmigung für diese Bauweise bekommen konnten. Das war zu der Zeit damals auch in einem sehr konstruktiven Umfeld möglich. Wir haben leider momentan nachrückend jetzt verschiedene technische Regeln festgesetzt bekommen, die das Bauen mit sichtbarem Holz für solche Größenordnungen bei Gebäuden schwieriger macht. Das ist jetzt momentan ein bisschen eine heiße Zeit im wahrsten Sinne des Wortes, dass wir wieder dafür kämpfen, dass diese sichtbaren Oberflächen zugelassen werden, weil sie tatsächlich keine Einschränkung des Schutzzieles haben und auch das Haus deswegen nicht schneller zusammenfällt als ein klassisch massiv gebautes Haus. Das ist so ein bisschen die Welt, in der wir uns heute befinden, dass wir heute nicht mehr diese Freiheiten hätten, wie wir sie vor ein paar Jahren hatten. Aber mit jeder technischen Expertise, mit jeder weiteren Erkenntnis, die aus der Forschung kommt, kommen wir dem Ziel vielleicht auch wieder ein Stück näher. Und wie lange hat eigentlich die Montage der Holzelemente gedauert? Das geht relativ schnell. Wir hatten jetzt zum Beispiel im Februar die erste Lieferung Holz und das gesamte Haus war dann in seinem Probau Anfang April fertiggestellt. Und wir hatten auf der Baustelle zwischen vier und fünf Zimmerleute, die diese Systeme praktisch von einem Transporter abgehoben und vor Ort dann direkt verschraubt haben. Und dann geht es relativ schnell. Und da kann auch, sage ich mal, mal ein Regenguss kommen, da kann auch mal ein Schnee runterkommen. Das macht dem System gar nichts aus. Also wir haben auch in der Jahreszeit gebaut, als es tatsächlich bei den anderen Baustellen zum Stillstand kam, weil es einfach zu kalt war. Das hat uns jetzt nicht aufgehalten. Also es ging wunderbar schnell. Und das ist eben auch das große Plus generell vom Holzbau. Durch das hohe Maß der Vorfertigung kann einfach die Bauzeit deutlich verkürzt werden. Zum Abschluss würde ich gerne wissen, was Ihr Fazit zu dem Projekt ist. Was lag Ihnen besonders am Herzen, Herr Niederfrieniger? Ja, ich bin eigentlich sehr stolz auf dieses Projekt, weil wir einfach aufzeigen durften, dass Vollholzbau im Beschusswohnungsbau, das Gebäude Klasse 4, wir haben auch schon Gebäude Klasse 5 gebaut, das war das erste Projekt und wir haben da auch aufzeigen dürfen, dass es geht. Und wir haben, glaube ich, damit auch aufgezeigt, dass wir den Menschen ein bisschen näher zur Natur bringen wieder, auch in der Stadt. Und eben, dass die Bedürfnisse der Natur und des Menschen eigentlich auch berücksichtigt sind in diesem Projekt. Es war eigentlich schön zu sehen, wenn die Baugemeinschaft bei uns während der Produktion zu Besuch war. Und diese Freude in den Augen der Menschen, wenn sie gesehen haben, wie ihr Haus gefertigt wird, das hat Nachwirkungen und das wirkt immer noch nach eigentlich. Das ist sehr, sehr schön. Und Herr Hild, was ist Ihr Gedanke zum Abschluss? Also wir haben alle die Notwendigkeit, etwas nachhaltiger zu bauen. Denn die Architektur der Gebäudesektor verursacht die meisten Emissionen weltweit, was CO2 anbelangt. Und wenn wir diese Kurve einigermaßen hinkriegen wollen, dann müssen wir da alle im großen Maßstab umschalten. Und da würde ich mir natürlich wünschen, dass die Bauwirtschaft noch mehr mit dem Werkstoff Holz prinzipiell in Berührung kommt, die Qualitäten des Holzes wahrnimmt, dass eben diese Zeit- und Kosteneffekte des schnelleren Bauens erkannt werden, dass die Sicherheit des Holzbaus erkannt wird. Wir kriegen das ingenieursmäßig alles hin. Und dann ist das ein wesentlicher Beitrag, wie wir künftig unsere baulichen Aufgaben mit Holz wunderbar lösen können. Und das erzeugt natürlich noch einen größeren Markt, das erzeugt eine größere Bandbreite. Das ist, glaube ich, ganz, ganz gut und aus meiner Sicht ist das der Schlüssel, wie wir zukünftig bauen können. Dass wir mehr mit Holz als regional verfügbarer Material arbeiten und dass wir eben auch die Planungskultur, so wie wir es jetzt für uns als optimal erachten, ein bisschen weiter nach vorne bringen. Dass wir nicht gegeneinander oder nacheinander arbeiten, sondern frühestmöglich miteinander. Wie haben Sie denn die Bauphase selbst, also die Zeit auf der Baustelle erlebt? Gibt es da vielleicht auch noch etwas Spannendes zu berichten? Vielleicht ist es die besondere Verbindung zwischen Mensch und Holz, die uns ja seit Urzeiten eigentlich zusammenbringt. Weil das Holz uns immer begleitet als Schutzraum, als wärmendes Element, dass das tatsächlich eine positive Ausstrahlung hat. Also aus der Baustelle tatsächlich kann ich berichten, dass es super reibungslos lief. Und die üblichen Querelen, dass sich Handwerker mal auch fetzen, weil man sich vielleicht auf den Füßen steht oder weil was weiß ich, der eine nicht Platz machen will, hatten wir nicht. Die waren alle tiefenentspannt. Und wir hatten eine extrem saubere Baustelle. Also oftmals ist es so, dass es mega staubig ist, jeder legt seinen Müll irgendwo in die Ecke. Durch das, dass ja eigentlich unser Rohbau schon fast fertiges Haus war, haben die Leute sehr, sehr sorgfältig mit diesem Gebäude, sind mit dem Gebäude umgegangen und das macht auch was. Also wir lieben es gern auf Holzbaubaustellen, auch als Bauleiter, weil es ein ganz angenehmes Klima des Miteinanders ist und weil es eine besondere Ausstrahlung auf Sauberkeit und Zeiteffizienz scheinbar mit sich bringt. Das ist auch ein sehr positiver Nebeneffekt. Der vielleicht noch nicht wirklich messbar ist, aber definitiv vorhanden ist. Innerhalb von nur sechs Wochen wurde der Holzrohbau errichtet und innerhalb von weiteren drei Monaten die Holzfassade fertiggestellt. Auf vier Etagen entstanden so rund 1050 Quadratmeter Wohnfläche, verteilt auf elf Wohnungen und den Gemeinschaftsbereich. Die tragenden Wand- und Deckenkonstruktionen sind aus vertikalen Kantholzlagen gefertigt. Sie wurden mit Gratleisten über Schwalbenschwanzverbindungen verbunden. Das Ergebnis ist eine diffusionsoffene Gebäudehülle ohne Bauchemie, Folien oder Holzschutzmittel. Das Holz stammt aus nachhaltig bewirtschafteten heimischen Forstbeständen, hauptsächlich Fichtenholz. Interessant ist auch der Brandschutzaspekt, wie wir eben schon gehört haben. MAX 8 nutzt die natürlichen Eigenschaften von Holz, das im Brandfall langsam und vorhersehbar seine Stabilität verliert. Die Holzelemente von MAX 8, gefertigt von der Firma Holzius, sind nach einem patentierten System leim - und metallfrei produziert. Bei großen Spannweiten wie den Lottchen wurden Holzbetonverbunddecken verwendet. Die Decken erfüllen auch die Anforderungen an den Trittschall. Eine unabhängige Ökobilanz bestätigt, dass das Gebäude trotz des Betonkellers und Treppenhauses bereits bei der Erstellung CO2-neutral ist. Ein Schlüsselelement ist auch seine Demontierbarkeit. Das Bausystem erlaubt es, Wand- und Deckenelemente komplett zu zerlegen und in einem neuen Produktionsprozess wiederverwenden zu können. Diese Kreislaufwirtschaft trägt wesentlich zur Ressourcenschonung bei. Die Bauweise bietet auch im innerstädtischen Bereich erhebliche Vorteile, da durch die hohe Vorfertigung die Bauzeit verkürzt und die Belastung für Nachbarschaft und Verkehr minimiert wird. Alle Baumaterialien wurden auf gesundheitsgefährdende Stoffe geprüft und sorgfältig ausgewählt. Die Bewohnergemeinschaft von MAX 8 vereint Menschen verschiedener Generationen und Lebenswege. Zusammen haben sie ein Zuhause erschaffen, das Flexibilität, Integration und Barrierefreiheit in den Vordergrund stellt. Aspekte, die in der herkömmlichen Bauwirtschaft leider noch zu oft vernachlässigt werden. Dieses Projekt steht für Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit. Es bietet individuellen Raum und fördert gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl in einem urbanen Umfeld. Besonders hervorzuheben ist auch die handwerkliche Präzision, mit der dieses Projekt realisiert wurde und die authentische Verwendung der Materialien. MAX 8 zeigt uns, wie wir leben können, ein Vorbild für zukünftige Wohnprojekte, nicht nur in Stuttgart, sondern überall. Liebe Hörerinnen und Hörer, wir sind am Ende unserer Entdeckungsreise durch das Wohnhaus MAX 8 angekommen. Ein herzlicher Dank geht an meine Interviewgäste Oliver Hild von der Architekturagentur und Herbert Niederfrieniger von Holzius für ihre tollen Einblicke in dieses herausragende Projekt. Wenn ihr nach der Folge noch mehr über das Wohnhaus MAX 8 wissen wollt, schaut doch mal in die Show Notes. Dort findet ihr weitere Infos. So, das war's schon wieder für heute bei Architekturist. Ich hoffe, wir hören uns in der nächsten Episode wieder. Bis dahin macht's gut und bleibt neugierig. Und vergesst nicht, den Podcast bei einem Podcastanbieter eurer Wahl zu abonnieren, um keine Episode zu verpassen. Ich bin Alexandra Busch und ich danke Euch fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal. Das war's schon wieder mit einer weiteren Folge von Architekturist. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten. Von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung. Hat Euch unser heutiger Ausflug gefallen? Dann abonniert Architekturist bei Eurem bevorzugten Podcastanbieter. Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf Eure Nachrichten unter kontakt -architekturist.de. Seid also beim nächsten Mal wieder dabei, wenn wir eine neue Seite in unserem Architekturreisetagebuch abschlagen.

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