Architektourist

Der Podcast für Architektur, Bautechnik und Baukultur - von und mit Alexandra Busch.

#7 Gestaltwandel - Neugestaltung des Flow Towers in Köln

JSWD Architekten transformieren ein Bürohaus in Wohnraum mit Systemen von Knauf

09.07.2024 28 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Episode von Architektourist begeben wir uns nach Köln, wo der eindrucksvolle Flow Tower – einst ein Bürohochhaus aus dem Jahr 1978 – eine bemerkenswerte Transformation durchlaufen hat. Gelegen in Bayenthal, südlich der Kölner Altstadt und direkt am Rhein, stand das Gebäude 13 Jahre lang leer, bevor es von JSWD Architekten aus Köln bis 2017 aufwendig in ein Wohngebäude umgewandelt wurde. Die Sanierung umfasste eine komplette Entkernung und die Installation einer neuen Fassade mit weißen, perforierten Metallbrüstungsbändern. Durch die Verwendung von Trockenbauverfahren konnte erheblich Gewicht gespart werden, was wiederum den Anbau von Balkonen ermöglichte.

Diese Episode ist eine Zweitverwertung und erschien zuerst im Rahmen der „FAF PODCAST BAUTOUR Köln“. Die „FAF PODCAST BAUTOUR Köln“ ist eine Podcastserie, die ursprünglich für die Messe FAF – Farbe, Ausbau & Fassade 2024 entstanden ist. Sie wurde in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) konzipiert und gibt Einblicke in sechs aktuelle Bauprojekte in Köln. 

Experten in dieser Episode:
Christian Mammel – Architekt und Projektleiter des Flow Towers bei JSWD Architekten
Martin Schwind – Fachberater Trockenbau bei Knauf Gips KG

Weitere Links:
Bauherrschaft: TAUTON Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objekt Gustav-Heinemann-Ufer KG, ein Joint-Venture der ABG-Unternehmensgruppe und der Garbe Immobilien-Projekte GmbH
Architektur: JSWD Architekten, Köln, https://www.jswd-architekten.de/projekte/flow-tower/
Trockenbau: Knauf, https://www.knauf.de/profi/referenzen/flow-tower-koeln.html

Messe FAF – Farbe, Ausbau & Fassade: https://www.faf-messe.de/
FAF PODCAST BAUTOUR Köln: https://www.faf-messe.de/messe/highlights/faf-podcast-bautour-koeln/
Gesellschaft für Handwerksmessen mbH (GHM): https://www.ghm.de/

Coverbild: Knauff / Eckehart Reinsch

Der Podcast:
Architektourist bietet eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten – von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung.

Seid bei der nächsten Folge wieder dabei, wenn wir weitere spannende Projekte und Persönlichkeiten aus der Welt des Bauens vorstellen. Wenn Euch die Episode gefallen hat, abonniert Architektourist bei Eurem bevorzugten Podcast-Anbieter.

Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf Eure Nachrichten unter kontakt@architektourist.de.

Transkript

Ob in der Stadt oder auf dem Land, Architektur umgibt uns. Überall. Stellt euch ein Hochhaus vor, das einst als Bürogebäude der 70er Jahre begann und nun als strahlendes Wohnhaus direkt am Kölner Rheinufer steht. Kommt mit auf eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. Heute sind wir zu Gast im Flohtower in Köln-Bayental. Hallo und herzlich willkommen bei Architekturist, eurem persönlichen Audio-Guide durch die spannende Welt der Architektur und Bautechnik. Mein Name ist Alexandra Busch. In unserer heutigen Episode starten wir eine besondere Serie, die während der Messe FAFF – Farbe, Ausbau und Fassade 2024 entstanden ist. Diese Fachmesse ist ein zentraler Treffpunkt für Expertinnen und Experten aus den Bereichen Fassadengestaltung und Raumdesign und dient als Plattform für die neuesten Trends im Bautenschutz, Putz, Stuck und Trockenbau. Die Serie, die ich euch vorstellen werde, trägt den Namen FAFF – Podcast Bautour Köln und gibt Einblicke in sechs aktuelle Bauprojekte in Köln. Ich habe sie für die Messe FAFF konzipiert und produziert in Zusammenarbeit mit der GHM, also der Gesellschaft für Handwerksmessen. Ursprünglich konnten Interessierte diese Geschichten ausschließlich auf der YouTube-Seite der FAFF genießen. Den Link dazu findet ihr hier in den Shownotes. Aber jetzt bringe ich sie zusätzlich über diesen Podcast zu euch. Ein herzliches Dankeschön an die GHM für die Unterstützung dieses Projekts und die Möglichkeit, diese Inhalte nun auch hier auf Architekturist zu teilen. In den kommenden Wochen werde ich also nach und nach jedes der sechs Projekte der FAFF – Podcast Bautour Köln vorstellen. Heute konzentrieren wir uns auf den Flow Tower, ein ehemaliges Bürogebäude, das zu einem Wohnhochhaus umgestaltet wurde und heute das Kölner Stadtbild mitprägt. Dieses Projekt zeigt eindrucksvoll, wie bestehende Baustrukturen neu definiert und nachhaltig genutzt werden können, ein wichtiges Thema in städtischen Gebieten, wo Wohnraum besonders knapp ist. Bevor wir in die technischen Details und die Geschichte dieses Gebäudes einsteigen, möchte ich noch darauf hinweisen, dass der Flow Tower ein privates Wohnhaus ist und daher nicht öffentlich zugänglich. Zu Gast sind in dieser Episode Christian Mammel, Architekt und Partner bei JSWD Architekten, sowie Martin Schwind, Fachbereiter Trockenbau bei der Firma KNAUF. Lasst uns jetzt aber erste Details zum Flow Tower erkunden. Das Gustav-Heinemann-Ufer, einst ein pulsierendes Zentrum des Bürolebens bis in die 1980er Jahre, verlor nach und nach seine Anziehungskraft als Gewerbestandort. Die Konkurrenz, durch die nur ein Steinwurf entfernte Innenstadt Kölns, war stark. Viele der Gebäude entlang des Ufers standen leer. Ein solches Schicksal erlitt auch das Haus der Deutschen Industrie, ein markantes elfgeschossiges Hochhaus, das nach dem Weggang des Bundesverbandes der Deutschen Industrie im Jahr 1999 verwaist zurückblieb. Mit seinen geschwungenen Flanken und den für die frühen 1970er Jahre so typischen kupferfarben verspiegelten Fensterscheiben fand das Gebäude keine neue Bestimmung als Bürostandort. Es stand 13 lange Jahre leer, bis eine Reihe von Studien, durchgeführt vom Kölner Architekturbüro JSWD, neue Möglichkeiten aufzeigte. Die Studien ergaben, dass eine Umnutzung des Gebäudes in Wohnraum, ergänzt durch eine vorgelagerte Mantelbebauung, die Architektur in neuem Glanz erstrahlen lassen könnte. In einer Stadt, in der der Bedarf an Wohnraum immens ist und der Büromarkt gesättigt scheint, bot diese Transformation nicht nur dem Gebäude eine zweite Chance, sondern versprach auch, die angrenzenden Wohnquartiere in Bayenthal direkt mit dem Rheinufer zu verbinden. Auf Basis dieser Vorstudien übernahm JSWD die Aufgabe, das Verwaltungsgebäude in ein Wohngebäude umzuwandeln, das den Namen Float Tower erhielt. Bei dem Umbau wurde das Hochhaus bis auf sein stählerndes Skelett entkernt, während die charakteristischen geschwungenen Flanken des Gebäudes erhalten blieben. Die Bestandsfassade musste aus baufysikalischen und funktionalen Gründen weichen, um Platz für neue gestalterische Elemente zu schaffen, vor allem für die Integration von Balkonen. Das Gebäude erhielt ein neues Gesicht, das sich dem Oberthema Wasser annähert, inspiriert von seiner Lage am Rheinufer. Die Architekten haben die frühere starke Horizontale des Gebäudes aufgegriffen und durch weiße Brüstungsbänder aus Metall mit gelochten Elementen interpretiert, die auf den Längsseiten mit geschossweise versetzten Balkonen ergänzt werden. Diese Balkone dienen nicht nur als Erweiterung des Wohnraums, sondern tragen auch zur Sicherheit und Ästhetik des Gebäudes bei, indem sie Brandüberschlägen entgegenwirken und bodentiefe Fenstertüren ermöglichen. Die Fensterrahmen und die geschlossenen Fassadenpaneele sind im Kontrast zu den weißen Brüstungsbändern in einem warmen Sandton gehalten. Die schlanken Stirnseiten des Hochhauses bewahren den gerillten Sichtbeton aus den 1970er Jahren. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Neugestaltung ist die Öffnung des Gebäudes sowohl zur Stadt als auch zum Rhein hin. Der Flowtower dient jetzt als verbindendes Element zwischen dem Stadtviertel und dem Ufer. Um die beiden erhaltenen Erschließungskerne, die keilförmig zwischen den Scheiben liegen, gruppieren sich vielfältige Wohnungstypen. Insgesamt sind 132 Wohnungen entstanden. In den Regelgeschossen befinden sich zwei bis fünf Zimmerwohnungen, die durch ihre variablen Grundrisse geprägt sind. Ein aufgesetztes Staffelgeschoss beherbergt vier Penthäuser mit großen Dachterrassen. Das umlaufend auskragende Dach nimmt die Form der darunterliegenden Geschosse auf und fügt sich in die Silhouette des Gebäudes ein. Ein weiterer Wohntypus wurde im ehemals raumhochverglasten Erdgeschoss realisiert. Dank doppelter Geschosshöhe und Geländeversprung konnten 13 2 - bis 3-geschossige Stadthäuser mit eigenen Gärten geschaffen werden. Der Flowtower wird umgeben von mehreren 5- bis 6-geschossigen Wohngebäuden und einem Bürohaus entlang des Rheinufers. Diese Mantelbebauung wurde vom Kölner Büro ASTOK entworfen, das auch für den städtebaulichen Masterplan verantwortlich zeichnet. So, nachdem wir uns mit den Grundlagen des Flowtowers vertraut gemacht haben, freue ich mich sehr, Christian Mammel zu einem Gespräch zu begrüßen. Er ist Architekt und Partner im Büro JSWD Architekten in Köln und hat das Projekt Flowtower von Anfang an begleitet. Herr Mammel, was waren die Hauptziele, als das Projekt Flowtower startete? Was wollten Sie realisieren? Also, uns ging es natürlich darum, eine möglichst große Vielzahl an Wohnungen zu erstellen. Hört sich jetzt erstmal so pragmatisch an, war aber in dem Projekt wahnsinnig schwierig, weil die besondere Form des Bestandshochhauses mit teilweise extremer Tiefe, also über 20 Meter, und dann dieser geschwungenen Fassadenform und auch einer gänzlich nicht auf Wohnungsbau orientierten Erschließung, der Umgang damit waren tatsächlich so Hauptthemen und daraus sind dann gestalterische Themen entstanden. Und zwar wichtig, den Bestand nicht in Gänze zu negieren, was gar nicht ging, weil diese geschwungenen Formen natürlich eine große Besonderheit haben und gleichzeitig überall womöglich auch Qualitäten im Innenraum zu behalten. Da gab es also Teilbereiche, wo besondere Oberflächenstrukturen von so einem Waschbeton waren, die wir in ganz wenigen Bereichen auch erhalten konnten. Die sind auch teilweise außen in der Fassade noch zu sehen, möglichst viele Oberflächen zu erhalten. Man muss sagen, aber am Schluss, wenn man da wirklich überall regelkonforme Wohnungen reinbaut, bleibt dann leider nicht ganz so viel übrig. Das ist schon so. Aber was natürlich übrig geblieben ist, ist diese besondere Form und dieser großartige Blick und auch tatsächlich sehr gut funktionierende Wohnungen und sehr vielfältige. Welche unterschiedlichen Wohnungstypen gibt es denn? Also wir haben ja von der großen Penthouse -Etage ganz oben bis hin zu klassischen Wohneinheiten unterschiedlicher Größe, aber auch der Idee, quasi urbane Reihenhäuser in das Haus zu unterzubringen, eine sehr lebendige Mischung hinbekommen. Also der Sockel oder die untersten Geschosse hatten eine relativ hohe Geschosshöhe im Bestand, waren aber durch die Konstruktion, durch solche großen Träger nicht so einfach umzunutzen. Also haben wir gesagt, zwischen zwei Trägern ist jetzt ein Reihenhaus. So und das war tatsächlich total spannend. Das waren auch die Wohneinheiten, die haben sich nicht vom Blatt verkauft. Das wurde erst zum Renner, als die wirklich greifbar waren. Wie diese einzelnen Wohneinheiten funktioniert man, als man auf der Baustelle hingehen konnte und sich das anschauen konnte. Wie wurde die bestehende Struktur des Gebäudes für die neuen Wohnzwecke angepasst und welche Herausforderungen gab es dabei? Man kann keinen Wohnraum in einem Hochhaus machen, heutzutage natürlich, ohne hochwertige Außenflächen. Und da haben wir lange hin und her experimentiert mit der Frage, müssen die Balkone Lodgien sein oder müssen die Balkone Balkone sein? Also die nach außen raus gehen. Lodgien ging aber tatsächlich aus konstruktiven Gründen gar nicht, weil die Fassade des Gebäudes trägt. Alle 1,60 Meter gibt es eine Stahlstütze in dem Haus. Und wenn man das abgenommen hätte, verändert hätte, dann wäre man so tief in das Tragwerk eingestiegen, dann hätte man es auch abreißen können, in Anführungszeichen. Insofern war es notwendig, die Balkone davor zu hängen und der Umgang dessen, wie die sich jetzt wiederum mit dieser Form, dieser geschwummenen Form vertragen, hat dann dazu geführt, dass wir diese weiche Form der einzelnen Balkone entwickelt haben. Und gleichzeitig kann man daran auch ablesen, dass die Wohnungen sich über die Etagen sogar auch verändern. Also auf der rein abgewandten Seite haben wir irgendwann, ich glaube, 6., 7. Obergeschoss gibt es einen Sprung. Das sind weniger Wohnungen pro Etage, weil die dann etwas größer werden. Und das hinzukriegen gestalterisch, ohne dass es so einen horizontalen Bruch gibt in der Gestaltung, war auch eine der Ideen, diese weichen Formensprachen da so reinzubringen in diese Balkone. Und gleichzeitig war es natürlich auch der Umgang mit der Gestaltung des Bestands. Das Architektenherz ist schon höher geschlagen, wenn man dieses Haus im Bestand gesehen hat. Es war so eine dunkle Fassade mit so vergoldeten Fenstern. Für die Anlieger und Anwohner war es aber völlig notwendig, hier einen Neuanfang zu schaffen. Zu sagen, wir machen natürlich kein dunkles Haus mehr. Wir machen ein helles Haus, wir machen ein freundliches Haus. Wir machen ein Haus, was eine gewisse Wertigkeit hat, um im Grunde genommen als Anzugspunkt in diesem neuen Quartier auch wirklich die Hauptrolle zu spielen. Sie haben gerade die Balkone erwähnt. Wie haben Sie diese neuen Teile in den Bestand eingefügt? Ich stelle mir vor, dass das nicht ganz einfach war, oder? Ja, auf jeden Fall. Also muss ich einen zusätzlichen Punkt noch erzählen. Wenn man in einem Hochhaus bodentiefe Fenster haben will, muss ich entweder das Haus sprinklern, was in einem Wohnhaus schwierig ist. Beziehungsweise nicht so gerne gemacht wird, sage ich mal vorsichtig. Da kocht die Milch über und die Sprinkleranlage geht in der ganzen Etage an. Das ist in höheren Hochhäusern nicht zu vermeiden, in diesem Hochhaus, das ja ein niedriges Hochhaus ist. Um die Sprinklerung zu vermeiden, brauchte man etwas anderes, um den Brandüberschlag zwischen den Gebäuden in den Bereichen, wo ich bodentiefe Fenster habe, zu verhindern. Das heißt, da wo ein Balkon ist, gehen die Fenster in Teilen auch runter. Balkontür in Anführungszeichen. Und dann brauchte ich darunter eine auskragende Platte, die nicht brennbar sein durfte. Also im besten Fall Beton oder eine sehr, sehr stark verkleidete Stahlkonstruktion, um diesen Brandüberschlag zu gewährleisten. Das ist jetzt nur so ein technischer Hintergrund. Und dann haben wir tatsächlich Betonfertigteile entwickelt, die dann von außen an das Haus drangehängt wurden. Damit das ging, musste die Fassadenkonstruktion verstärkt werden. Also man stellt sich so vor, es gab alle 1,60 Meter eine Stahlstütze. Da das Gebäude unterschiedliche Tiefen hatte, gingen schon im Bestand unterschiedliche Lasten in diese Stahlstützen. Der BDI war damals ganz pfiffig und deswegen war jede Stahlstütze anders. Also es gab ein U-Profil, ein I -Profil, ein Doppel-T-Träger, wie auch immer. Und das war eine riesige Herausforderung, weil da kamen jetzt noch unregelmäßige Lasten der Balkone rein. Das heißt, jede einzelne Stahlstütze musste entsprechend der neu einzubringenden Last und der neuen Nutzung und den aktuellen Rechtsprechungen oder der aktuellen Statikvorgaben verstärkt werden. Und individuell kam dann bei der einen Stütze an der Stelle eine neue Lasche dran geschweißt und bei der anderen Stelle an der. Diese Stahlprofile musste man dann noch schalltechnisch so behandeln, dass man von der einen auf der anderen Wohnung nicht jedes Wort versteht. Und konstruktiv so behandeln, also statisch und brandschutztechnisch. Also das waren dann unterschiedliche Schichten, die da drum gemantelt wurden. Und da war es dann natürlich wissentlich, dass es nicht, wer weiß wie groß oder so wird diese Stütze, die dann da entsteht. War Ihnen das klar, als Sie anfingen die Sanierung zu planen, wie schwierig der Umbau konstruktiv werden könnte? Bevor das Haus auf seinen Rohbau runter gestrippt wurde, wusste das keiner. Also unser Tragwerksplaner hat jedes einzelne Stütze, musste er sich angucken und individuell sagen, wie die verstärkt werden muss. Was für ein Aufwand. Ja, muss man sagen, ein Riesenaufwand. Ich glaube aber dennoch, dass der Aufwand sich gelohnt hat, weil wir haben vieles untersucht. Gehen auch leichtere Balkone, aber dann wäre der Materialmix gerade um diesen Brandüberschlag zu gewährleisten, wäre dann wiederum so aufwendig gewesen, dass man die dann in tausend Einzelteilen verkleidet und so hätte nicht funktioniert. Insofern zu sagen, wir hängen da wirklich Betonbalkone dran, war schon das Sinnfälligste. Da lagen dann diese Riesenbalkone auf der Baustelle rum und wurden dann Stück für Stück an das Haus befestigt. Das war schon spannend, muss man sagen. Was ist rückblickend Ihr Fazit zu dem Projekt? Hat sich der Aufwand gelohnt? Wie immer nach so einem großen Projekt würde ich das das nächste Mal anders machen. Also so rein von der Art und Weise, auf welche Sachen man am Anfang sicherlich achtet. Natürlich sind solche Projekte immens wichtig, zu sagen, dass wir das Potenzial des schon Gebauten so gut wie möglich nutzen. Und in diesem Fall stand da ein Gebäude zu, ich glaube, 40, 50 Prozent sowieso schon leer, weil der damalige Besitzer es eigentlich immer nur vermietet hat und ein bisschen gestrichen hat, aber ansonsten sich nicht gekümmert hat. Das passiert ja leider mit sehr vielen Häusern. Also Teil der Nachhaltigkeit des Hauses ist ja nicht nur, wie viel Energie verbraucht die Heizung, sondern viel ist ja erstens, wie gut war das Haus damals geplant? Und dann ganz wichtig, wie gut wurde das Haus denn gepflegt? Weil da war jetzt auch schon dieser Standpunkt erreicht, wo man gesagt hat, also ohne eine Kernsanierung hätte man das auch als Büro nicht mehr sinnfällig vermieten können. Und davon gibt es ja nach wie vor in den deutschen Innenstädten mehrere Gebäude. Und davon sind auch viele Gebäude so, dass die der Umgebung außer vielleicht was Ikonischem relativ wenig zurückgeben. So auch dieses Haus, also hinter dem Haus war ein riesen Parkplatz, ein Zaun drumherum und ohne Ticket kann man da gar nicht rein. Und das in so einer tollen Lage, diese Lagen weiter zu nutzen, ist, glaube ich, immens wichtig. Natürlich ist auch immens wichtig, die einmal verbrauchte Emission für den Bau so eines Gebäudes möglichst gut zu erhalten. Wobei man da immer so ein bisschen vorsichtig sein muss aus meiner Sicht, dass das nicht um jeden Preis so passiert. Im Moment gibt es ja die Diskussion, man darf überhaupt nicht mehr bauen und so weiter. Ich glaube, das muss man jeweils sehr individuell betrachten, weil es gibt ja nun mal auch Gebäude, die sich gar nicht sinnvoll umnutzen lassen und die einfach dann nur wie so ein Ungetüm aus vergangenen Zeiten vor sich hin dümpeln. Und das hilft jetzt auch keinem. Die Planungen liegen ja schon zehn Jahre zurück. Ich finde, das war schon sehr vorausschauend von Ihnen, aber auch vom Bauherrn, dass er das Konzept getragen hat. Für uns war damals der Erhalt des Gebäudes schon wichtig aus den Nachhaltigkeitsaspekten. Heutzutage hätte sich das sicherlich der Entwickler noch viel mehr jetzt auf die Fahne geschrieben, was das für was Tolles ist, dass sie jetzt dieses Haus da erhalten. Das hat sich geändert oder das hat sich glücklicherweise geändert. Das war damals, war das noch kein Verkaufsargument. Und heute würde das definitiv ein Verkaufsargument für den Bauherr sein. Damals war für ihn einfach nur eine Kalkulation, was kann ich, wenn ich es behalte, da realisieren und was, wenn ich es abreiße. Wie gut, dass das Gebäude nicht abgerissen wurde, sondern mit so viel Aufwand und Herzblut umgebaut wurde. Nach dem Interview mit Christian Mammel habe ich noch einige interessante Details zur Gebäudehöhle des Flohtauers für Sie. Zunächst wurde die Hochhausscheibe umfassend entkernt, um die vorhandenen tragenden Stahlstützen in der Fassadenebene freizulegen. Wie wir vorhin gehört haben, bestand eine Herausforderung darin, dem Gebäude nachträglich die Balkone hinzuzufügen. Die Balkone beeinflussten das Gesamtgewicht des Gebäudes erheblich, aber das Tragwerk ließ kaum Spielraum für zusätzliches Gewicht zu. Um dennoch Balkone hinzufügen zu können, musste an vielen anderen Stellen Gewicht eingespart werden. Ein Schritt war dabei der Einsatz von Trockenbausystemen der Firma Knauf. So wurden beispielsweise alle Innenwände des Flohtauers im Trockenbauverfahren realisiert. Eine weitere Aufgabe war es, die Außenwände hinter der Aluminiumfohrungsfassade leichter zu gestalten, was mithilfe der Knauf Außenwand mit Aquapanel-Technologie erreicht wurde. Auch die Balkone profitierten von diesem Trockenbausystem. Obwohl ihre Grundstruktur aus Betonfertigteilen besteht, wünschten sich die Architekten eine homogene und glatte Untersicht als Abschluss. Hier kam daher auch das System der Knauf Außendecke mit Aquapanel-Technologie zum Einsatz. Mit diesem System wurden 138 Balkone mit insgesamt 2000 Quadratmetern Außendecke ausgestattet. Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf diese Aquapanel-Technologie von Knauf werfen. Ich freue mich, Martin Schwind, Fachberater Trockenbau, bei der Firma Knauf begrüßen zu dürfen, der uns mehr über die Anwendung und Vorteile dieses Systems erzählen kann. Herr Schwind, können Sie uns bitte etwas über die Außenwandkonstruktion erzählen, bei der Knauf Produkte verwendet wurden? Hintergrund war hier, es musste natürlich eine neue Fassade entstehen, die auch den heutigen Wärmeschutzanforderungen, sprich der NF, genüge tut. Auch Brandschutzanforderungen waren hier ein Thema. Entscheidend war hier an der Stelle vor allem das Gewicht. Aus dem Grunde ist die Entscheidung dann getroffen worden, auf eine Leichtbau-Fassade zu gehen. Auch Wandstärken waren ein großes Thema. Wir haben natürlich mit der Knauf Außenwand den großen Vorteil, dass wir hier sehr schlanke Konstruktionen hinbekommen. Anschließend haben wir eine zusätzliche Metallfassade nochmal vor dieser leichten Außenwand hängen, die aber nicht an der eigentlichen Außenwand befestigt worden ist, aus statischen Gründen. Das heißt, der Gebäudeabschluss ist die Trockenbauwand. Das ist eine zweischalige Trockenbauwand mit einer Außenschale als korrosionsgeschütztes Trockenbauprofil, mit in dem Fall Aquapanel, Zementboard Outdoor beplankt. Das ist unsere Zementbauplatte, zwölfeinhalb Millimeter, hier in dem Fall doppellagig beplankt. Die Bereiche praktisch zwischen den Stützen in der bestehenden Fassade sind dann mit der leichten Außenwand geschlossen worden. Was sind denn diese Aquapanelplatten? Woraus bestehen die? Die Aquapanelplatte ist eine zementgebundene Platte, hat nichts mit Gips zu tun. Sie hat keine Gipsbestandteile, ist eine Platte aus Portlandzement und Leichtzuschlägen, welche auf beiden Seiten nochmal mit einem Glasgittergewebe armiert ist, bauseits. So wird die Platte ausgeliefert, zwölfeinhalb Millimeter stark. Die Platte wiegt pro Quadratmeter 16 Kilo und ist für den Außenbereich einsetzbar. Das heißt, bei feuchter Einwirkung würde diese Platte im Gegensatz zu Gips nicht quellen und nicht schwinden, sondern behält weiterhin ihre Formstabilität. Aus dem Grunde hat diese Platte natürlich dann auch eine Zulassung für den Außenbereich. Okay, also bei der Außenwand kamen die Aquapanelplatten zum Einsatz, aber auch an der Unterseite der Balkone, richtig? JSWD-Architekten war doch sehr wichtig, dass dort homogene Untersichten entstehen. Genau, man wollte diese Bänder, die sich ja um das Gebäude ziehen, letzten Endes, die sich in diesen Balkonen dann auch widerspiegeln, fortführen. Und diese Balkone sind dann als Betonfertigteil an das Gebäude montiert worden, aufliegend auf Stahlträgern, welche mit einem Schöpfisokorb entkoppelt worden sind zum Gebäude. Und wieder darauf liegen dann diese Stahlbetonplatten. Und Hintergrund war, die Untersichten, so wie sie sich jetzt momentan darstellen im finalen Zustand, sollten eine glatte, homogene Untersicht bilden. Da ist dann auch wieder ein Knaufsystem zum Tragen gekommen. Und da ist dann eine Appendecke im Außenbereich mit Aquapanel, Cementboard Outdoor entsprechend dann montiert worden. Wichtig bei all diesen Außenbauteilen, sowohl Wand als auch Decke, weil es sich um Außenbauteile handelt, die natürlich Winddruck und Windsog ausgesetzt sind, ist hier eine prüffähige Statik erstellt worden, vom Tragwegsplaner, weil wir unterschiedliche Windlasten haben an dem Gebäude, je nach Höhe. Also es gibt Bereiche, gerade in den unteren Bereichen, die sich deutlich unterscheiden von den oberen Bereichen hier am Gebäude. Wie war denn das Feedback der ausführenden Firmen zur Fassade? Hat die Verarbeitung gut geklappt? Ja, sehr, sehr positiv. Vor allem waren das natürlich dann teilweise auch Firmen, die so aus dem klassischen Trockenbau kamen. Und von der Verarbeitung her natürlich auch ganz einfach. Das heißt, die Aquapanelplatte ist letzten Endes wie auch die zementgebundene Platte, die sie auch mit einem Cuttermesser bearbeiten können, indem sie die Platte ritzen, das Gewebe durchtrennen, brechen und auf der Rückseite wieder das Gewebe durchtrennen und haben dann einen sauberen Schnitt. Das ist natürlich auch ein großer Vorteil hier an der Stelle. Also ähnlich wie bei einer Gipskartonplatte von der Bearbeitung her. Und wie lief so die Zusammenarbeit zwischen Ihnen, den Trockenbaufirmen und dem Architekturbüro? Also grundsätzlich sehr positiv. Auch die Zusammenarbeit hier in dem Fall mit der Planung, mit JSWD-Architekten und natürlich auch mit den ausführenden Fachunternehmen. Ja, sehr kooperativ. Gemeinschaftlich hat man das Projekt hier in dem Fall gestemmt. Und ich denke mal, das Ergebnis spricht hier in dem Fall dann auch für sich. Wir waren ja auch dann auf der Baustelle mit unseren Systemeinweisern, Vorführmeistern, die dann auch in der Praxis gezeigt haben, wie zum Beispiel die Verarbeitung der Platte dann erfolgt und einfach auch dieses Aha-Erlebnis von Seiten des Fachunternehmers, wie einfach letzten Endes auch die Bearbeitung der Aqua -Paneel ist hier an der Stelle und auch die Verschraubung, die Verspachtlung. Wir haben natürlich auch unterstützen können, in dem Fall zum Beispiel, wenn Sie sich vorstellen, bei der Bekleidung der Decke, bei der Wand ist es auch so, die Platten werden auf Fuge gesetzt und dann anschließend armiert. Und wir haben dann, um das Ganze zu unterstützen, einen speziellen Abstandshalter, das ist einfach so ein Bügel, den man zwischen die Platten dann entsprechend anbringt, um einen vordefinierten Abstand von Platte zu Platte zu haben und dann nachher die Fugenspachtel zu verspachteln. Das ist natürlich ein großer Vorteil hier an der Stelle. Und einfach dieses Dankbare des Fachunternehmers, dass wir ihn da auch unterstützen und vor allem da ging es ja auch um Geschwindigkeit und Ausführungspräzision, das war schon sehr zufriedenstellend, muss ich sagen. Der Flow Tower bietet eine inspirierende Perspektive auf die Zukunft nachhaltiger Stadterneuerungsprojekte. Angesichts des wachsenden Bedarfs an Wohnraum und der Dringlichkeit, den Baustoffeinsatz zu minimieren, zeigt dieses Gebäude, wie alte Strukturen durch mutige Planung und kreative Architektur und eine hohe Qualität in der handwerklichen Ausführung in die heutige Zeit übersetzt werden können. Es ist ein tolles Beispiel für die effiziente Nutzung von Ressourcen. Besonders bemerkenswert ist dabei die vorausschauende Planung und Umsetzung durch JSWD-Architekten, die bereits vor einem Jahrzehnt die Grundlagen für dieses Projekt legten. Das bringt uns schon zum Ende unserer Episode über den Flow Tower. Ein großes Dankeschön gilt meinen Interviewgästen, Christian Mammel von JSWD-Architekten und Martin Schwind von der Firma Knauf. Wenn ihr nach der Folge noch mehr über das Wohnhaus Flow Tower wissen wollt, schaut doch mal in die Show Notes, dort findet ihr weitere Infos. So, das war's schon wieder für heute. Ich hoffe, wir hören uns in der nächsten Episode von Architekturist wieder. Bis dahin, macht's gut und bleibt neugierig und vergesst nicht, den Podcast bei einem Podcast-Anbieter eurer Wahl zu abonnieren um keine Episode zu verpassen. Ich bin Alexandra Busch und ich danke euch fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal. Das war's schon wieder mit einer weiteren Folge von Architekturist. In jeder Episode nehmen wir euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten. Von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung. Hat euch unser heutiger Ausflug gefallen? Dann abonniert Architekturist bei eurem bevorzugten Podcast-Anbieter. Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf eure Nachrichten unter kontakt .architekturist.de Seid also beim nächsten Mal wieder dabei, wenn wir eine neue Seite in unserem Architektur-Reisetagebuch abschlagen.

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