Architektourist

Der Podcast für Architektur, Bautechnik und Baukultur - von und mit Alexandra Busch.

#61 Zement, CO₂ und CCS - Was evoZero für die Praxis bedeutet

Heidelberg Materials packt CO₂ dort, wo es entsteht

28.11.2025 44 min

Zusammenfassung & Show Notes

Der Bausektor kommt nicht ohne Zement aus, doch dieser Baustoff zählt zu den größten Klimabelastungen weltweit. Rund acht Prozent der globalen CO₂-Emissionen gehen auf sein Konto. Wie also lässt sich weiterbauen, ohne weiter zu belasten?

In dieser Episode nehme ich euch mit nach Brevik in Norwegen, an einen Ort, an dem seit Kurzem etwas passiert, das die Zementindustrie verändern könnte: die weltweit erste industrielle CCS-Anlage in einem Zementwerk, betrieben von Heidelberg Materials. Dort beginnt die Geschichte von evoZero, dem ersten bilanziell CO₂-neutralen Zement. Was steckt technisch dahinter? Wie funktioniert das Einfangen, Verflüssigen und Einlagern von CO₂? Und was bedeutet das für Planung, Ausschreibung und ESG-Anforderungen im Alltag von Architektur, Ingenieurwesen und Immobilienentwicklung?

Expert:innen in dieser Episode:
Dr. Stefanie Weidner – Architektin und Vorstandsmitglied bei Werner Sobek AG
Dr. Robert Bachmann – Leiter technischer Vertrieb für Spezialprodukte bei Heidelberg Materials AG

Links zur Folge:
evoZero – Produktseite von Heidelberg Materials
Heidelberg Materials: Carbon Capture in Brevik
Offizielle Infos zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz
Infoseite des Umweltbundesamts zu CCS

Cover: KI-generiert mit ChatGPT

Der Podcast:
Architektourist bietet eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten – von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung.

Seid bei der nächsten Folge wieder dabei, wenn wir weitere spannende Projekte und Persönlichkeiten aus der Welt des Bauens vorstellen. Wenn Euch die Episode gefallen hat, abonniert Architektourist bei Eurem bevorzugten Podcast-Anbieter.

Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf Eure Nachrichten unter kontakt@architektourist.de.

Transkript

Liebe Architektouristinnen und Architektouristen, diese Episode wird unterstützt von Heidelberg Materials. Herzlichen Dank dafür! Willkommen bei Architektourist, dem Podcast für Architektur, Bautechnik und Baukultur. Heute geht's um ein Thema, das in vielen Köpfen gerade Fragen aufwirft und zugleich enormes Potenzial birgt. evoZero, der erste CO2-neutrale Zement von Heidelberg Materials. Dahinter steckt ein komplexer technologischer Wandel, Stichwort CCS, Carbon Capture and Storage. Was genau bedeutet das? Wie funktioniert die Technologie dahinter? Und was heißt das für Planung, Ausschreibung und ESG-Ziele im Projektalltag? Ich habe mit zwei Menschen gesprochen, die dieses Thema aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Mit Dr. Robert Bachmann von Heidelberg Materials und mit Dr. Stefanie Weidner, von Werner Sobek. Schön, dass Du heute dabei bist. Los geht's! Ein Fjord in Südnorwegen. Brevik, ein kleiner Ort zwischen Wasser, Hügeln und Felsen. Und mittendrin ein Zementwerk. Grau, gewaltig, industriell. Ein Monolith am Wasser. Seit Jahrzehnten wird hier Zement gebrannt, Tag und Nacht, tonnenweise. Was für Außenstehende oft aussieht wie staubige Routine, ist im Inneren ein chemischer Hochleistungsprozess. Und einer mit Folgen, denn kaum ein Baustoff stößt bei seiner Herstellung so viel CO2 aus wie Zement. Alles beginnt ganz klassisch im Steinbruch. Kalkstein, der Hauptrohstoff, wird gewonnen, zerkleinert, zu Rohmehl gemahlen. Dann geht's in den Ofen. 1450 Grad, Brennprozess. Das Herzstück der Zementproduktion. Und genau hier passiert es, CO2 entsteht. Etwa ein Drittel stammt aus den eingesetzten Brennstoffen. Der Energie, die gebraucht wird, um diese Hitze zu erzeugen. Aber zwei Drittel kommen aus dem Material selbst, denn Kalkstein, chemisch Calciumcarbonat, zerfällt bei Hitze. Was übrig bleibt, ist Brandkalk und Kohlendioxid. Diese Emissionen sind kein Betriebsunfall. Sie sind prozessbedingt und genau deshalb so schwer vermeidbar. Insgesamt trägt die Zementherstellung zu etwa 8% der weltweiten CO2-Emissionen bei. In Breivik aber hat sich etwas verändert. Hier beginnt ein neuer Abschnitt in der Industriegeschichte. Ein industrielles CO2-Waschverfahren, direkt am Werk. Ein riesiger Apparat, so hoch wie der Big Ben in London, wurde neben den Zementofen gesetzt. Kein bloßer Filter, sondern eine vollwertige Chemieanlage. Das Prinzip heißt CCS, Carbon Capture and Storage. Oder einfacher gesagt, Einfangen, Verflüssigen, Verpressen. Zuerst wird das Abgas vom Ofen abgezweigt, rund 100 Grad heiß. Es wird heruntergekühlt auf etwa 30 Grad. Dann gelangt es in den sogenannten Absorber, einen Turm, in dem eine spezielle Aminlösung wartet. Diese Lösung wirkt wie ein Schwamm. Sie bindet gezielt das CO2 und lässt alles andere durch. Das Ergebnis ist eine flüssige Mischung aus Aminen und CO2. Diese wird im nächsten Schritt wieder erhitzt, mit der Abwärme aus dem Zementofen, um Energie zu sparen. Dabei trennt sich das CO2 von der Lösung. Die Amine können zurück in den Kreislauf und das CO2 wird unter hohem Druck verflüssigt, zu einer farblosen, dichten Flüssigkeit. In riesigen Silos auf dem Werksgelände wird es gesammelt. Bis genug zusammenkommt, dann übernehmen Schiffe. Sie bringen das CO2 zu einem Terminal. Von dort aus fließt es durch Pipelines unter das Meer. Tief in den Boden, 2600 Meter tief, in poröse Sandsteinschichten, wo es sich mit Salzwasser verbindet, langsam mineralisiert und dauerhaft gebunden bleibt. 400.000 Tonnen CO2 pro Jahr werden so in Breivik abgeschieden, was rund der Hälfte der Emissionen des Werks entspricht. Es ist die erste CCS-Anlage dieser Art weltweit, im industriellen Maßstab, und ein Projekt, an dem Heidelberg Materials über 20 Jahre gearbeitet hat. Was das mit evoZero zu tun hat? Alles, denn nur durch Verfahren wie dieses kann ein Zement entstehen, der bilanziell CO2-neutral ist, auch wenn sein Rohstoff weiter Kalkstein ist. Wie lässt sich ein solches Produkt in der Praxis einsetzen? Und was bedeutet das konkret für Planung, Ausschreibung und Architektur? Darüber spreche ich in dieser Folge mit zwei Stimmen, die diese Transformation ganz unterschiedlich betrachten. Dr. Robert Bachmann von Heidelberg Materials und Dr. Stefanie Weidner vom Ingenieurbüro Werner Sobek. Mein Name ist Robert Bachmann. Ich bin gelernter Bauingenieur, promovierter Bauingenieur und bei der Heidelberg Materials Beton Deutschland GmbH angestellt und da als Leiter technischer Vertrieb für die Spezialprodukte, also alles, was nicht den normalen Beton im Transportbeton betrifft, zuständig. Unter anderem auch für unsere CO2-reduzierten oder mit RC-Gesteinskörner versetzten Produkte wie EvoBuild und zusätzlich auch noch unseren CCS-Cement EvoZero, dem Carbon Capture Cement aus Brevik. Mein Name ist Stefanie Weidner. Ich bin Architektin von meinem fachlichen Hintergrund her, habe dann nach meinem Studium beschlossen, dass ich noch mehr wissen wollte und habe dann am Institut für Leichtbau und Werfung konstruieren, das damals noch Professor Werner Sobek geleitet hat, meine Promotion gemacht. Auch damals schon dann eben zum Thema Nachhaltigkeit, weil das mich von Anfang an, also eigentlich schon während meines Studiums sehr stark beeindruckt hat und mich dann auch natürlich danach noch weiter begleitet hat und nach dem Studium, Diesen Kapitel bin ich dann, beziehungsweise so ein bisschen parallel verlaufend, auch ins Büro von Werner Sobek gegangen, um dort dann zunächst als Director Sustainability Strategies und dann auch als Büroleiterin für das neue Kopenhagener Büro, welches ich aufgebaut habe vor ein paar Jahren und dann jetzt zuletzt seit circa eineinhalb Jahren, also Mitte 2024, bin ich Vorständin für Nachhaltigkeit, Forschung und Entwicklung. Robert, stell dir vor, du triffst jemanden, der noch nie etwas von evoZero gehört hat. Wie würdest du in ein paar Sätzen erklären, worum es bei diesem Zement geht? Ich sage da mal drei Dinge. Einfach, es ist ein innovatives Produkt, weil es weltweit das erste Carbon Capture Near Zero Zement Produkt ist. Im industriellen Maßstab, also nicht nur im kleinen Maßstab. Es ist ein bewährtes Produkt, das heißt, wir ändern die produkttechnischen Eigenschaften am Ausgangsprodukt Zement und demzufolge auch hinten am Beton überhaupt nicht. Also das bleibt, wie es ist. Es wird gar nicht eingegriffen in die Technik. Und es ist ein sehr ehrliches Produkt, weil wir mit maximaler Transparenz der CO2-Abscheidung und Einspeicherung einhergehen. Wir weisen das nach. Das ist ein Hashgraph-System oder vereinfacht gesagt, das ist wie eine Art Blockchain. Da kann man das alles nachvollziehen, wie das finanziell aussieht und deswegen absolut ehrlich. Was also macht evoZero zu einem besonderen Baustoff und warum lohnt es sich, genauer hinzuschauen? Die vielleicht wichtigste Aussage vorweg, evoZero funktioniert wie jeder andere Zement auch. Weder seine technischen Eigenschaften noch seine Anwendung verändern sich durch das Carbon Capture-Verfahren. Das liegt daran, dass der Eingriff nicht in die Materialzusammensetzung erfolgt, sondern am Ende des Herstellungsprozesses. Der CO2-Ausstoß wird nachträglich reduziert durch das vorhin beschriebene Abscheideverfahren direkt am Abgasstrom. Das bedeutet kein technisches Risiko, keine Umstellung in der Anwendung, kein Unterschied in der Planung. Für Ausschreibung und Bemusterung bleibt alles, wie es war. Einfach Zement, nur mit einer deutlich besseren CO2-Bilanz. Und jetzt kommt der Teil, den man so noch nicht kennt aus der Welt der Baustoffe. Das, was evoZero verspricht, wird auf digitale Weise nachverfolgt, dokumentiert und überprüft. Jede Tonne CO2, die im Werk Brevik eingefangen und unter dem Meeresboden gespeichert wurde, wird als digitaler Vermögenswert erfasst. Konkret als NFT, ein Non-Fungible Token, ein digitales Unikat mit eigener Seriennummer, vergleichbar mit einem nummerierten Kunstwerk. Jeder dieser digitalen CO2-Gutscheine ist einmalig und kann nicht doppelt verwendet werden. Gespeichert werden diese Informationen nicht auf einem zentralen Server, sondern dezentral, mithilfe der sogenannten Distributed Ledger Technology, eine Art Blockchain. Und das funktioniert in etwa so, jeder Teilnehmer in diesem digitalen Netzwerk hat eine Kopie des Hauptbuchs. Neue Einträge, also jede eingesparte Tonne CO2, werden gemeinschaftlich bestätigt, Manipulationen sind praktisch ausgeschlossen. Das System agiert wie ein digitaler Notar, der jeden Schritt dokumentiert und absichert. Transparenz und Vertrauen sind hier sozusagen systemimmanent. Dieses digitale Rückgrat nennt sich bei Heidelberg Materials Carbon Bank, eine Art Bilanzierungszentrale, die sowohl jede Tonne CO2 erfasst, als auch ihre Veräußerung und Anrechnung steuert. Alles öffentlich einsehbar, nachvollziehbar und auditierbar. Für ESG-Berichte, CO2-Bilanzen oder Green Building Zertifikate bedeutet das maximale Nachvollziehbarkeit. EvoZero erlaubt Bauprojekten, ihre Klimabilanz mit einem Element zu verbessern, das verlässlich, messbar und überprüfbar ist. Und genau das wird im Kontext von EU-Taxonomie, Green Building Labels und Investorenanforderungen immer wichtiger. So verbindet das Produkt drei Elemente, die in der Bauwelt selten zusammengedacht werden. Technologische Innovation, produktionstechnische Konstanz und digitale Transparenz. Genau das meint Robert Bachmann, wenn er sagt, ein innovatives, bewährtes und ehrliches Produkt. Dass hinter evoZero kein Schnellschuss steckt, sondern zwei Jahrzehnte Entwicklungsarbeit, merkt man Robert Bachmann in jeder Silbe an. Auch wenn er selbst erst 2023 dazu gestoßen ist, trägt er die Begeisterung seiner norwegischen Kolleginnen und Kollegen weiter als Ambassador, wie er es nennt. Der Moment, der ihn am meisten bewegt hat, war ein ganz konkreter, als im Sommer 2025 erstmals CO2 tatsächlich verflüssigt und tief unter dem Meeresboden eingespeichert wurde. Kein Konzept mehr, kein Testlauf, sondern ein funktionierendes System. Aber wie bringt man diese Komplexität rüber? Wie gelingt es, anderen mitzureißen, ohne sich in Fachbegriffen zu verlieren? Robert sagt selbst, dass genau darin die größte Herausforderung liegt. Die eigene Begeisterung so zu übersetzen, dass sie ansteckt. Auch bei Menschen, die nicht jeden Tag mit Abscheidungstechnologie oder NFTs zu tun haben. Und genau da wollte ich noch einmal nachhaken. Robert, was würdest du sagen, was sind deine schlagenden Argumente für evoZero? Das ist so die klassische 30-Sekunden-Fahrstuhl-Sales-Pitch. Wenn ich das so runterbrechen will, dann konzentriere ich mich immer auf zwei Dinge. Eins hatte ich ja schon genannt. Mit evoZero ist das die Möglichkeit, CO2 direkt am Entstehungsort zu vermeiden. Das hat man mit keiner anderen Technologie. Und das macht sie auch gegenüber anderen Technologien komplett überlegen. Und das Zweite ist, der Beton, wenn man das mal aus der Literatur herausliest, ist für circa 30 Prozent, also ich rede jetzt mal klassisch Gebäude, wir müssen immer ein bisschen die Arten von Infrastruktur oder Gebäude differenzieren, aber für Gebäude, da steht Beton ungefähr für 30 Prozent der grauen Emissionen, also diese Embodied Carbon, also alles, was in der Konstruktion selbst ist, ohne die Betriebsemission. Gehen wir davon aus, dass ein Gebäude irgendwann oder hoffentlich heute schon so geplant ist, dass es keine Betriebsemissionen hat, dann sind alle Embodied Carbon eigentlich die, die entscheidend sind. Und das ist ein Riesenhebel, der nur aus dem Beton kommt. Ich weiß nicht, wenn das nicht ein gewichtiges Argument ist, solche Produkte CO2-reduziert oder Near-Zero einzusetzen, dann weiß ich auch nicht. Also das spricht eigentlich für sich selbst. Dieser Hebel ist eigentlich das entscheidende Argument an der Stelle. Robert hat es gerade auf den Punkt gebracht. evoZero schafft die Möglichkeit, CO2 direkt an der Quelle zu vermeiden. Bei einem Baustoff, der in vielen Projekten einen erheblichen Anteil am Embodied Carbon ausmacht. Das ist ein beachtlicher Hebel. Mich würde jetzt Deine Perspektive interessieren, Stefanie. Gerade mit Deinem Hintergrund als Architektin und Ingenieurin, aber auch als jemand, der sich seit Jahren mit Nachhaltigkeitsstrategien beschäftigt. Als evoZero angekündigt wurde, ein Zement mit Carbon Capture in der Praxis, Was war dein erster Eindruck? Hast du direkt gedacht, endlich ein Schritt in die richtige Richtung? Oder war da auch eine gewisse Skepsis? Ja, sowohl als auch. Also natürlich war ich auch froh, dass sich jetzt gerade ein wichtiger Player der Zementindustrie diesen Kapitel des Carbon Capture and Storage auch verschrieben hat und dafür sorgt, dass diese Technologie, Zement ist ja ein sehr emissionsintensiver Werkstoff, und dass diese Technologie eingesetzt wird, um diese Emissionen zu reduzieren oder auch komplett zu vermeiden. Also insofern Optimismus, weil wir haben es ja auch in der Branche andere, zum Beispiel in der Stahlherstellung gibt es ja große andere namhafte Firmen, die wiederum eine ganz andere Richtung jetzt einschlagen und ein bisschen zurückrudern. Und das ist ja eigentlich gerade ein ganz fatales Zeichen. Insofern danke an Heidelberg Materials dafür, dass sie eben nicht zurückrudern und diesen Schritt gehen. Skepsis insofern, weil man gerade bei Carbon Capture and Storage auch oft so ein Thema Greenwashings mit verbindet. Wir verbinden das vor allem auch mit irgendwelchen fossilen Energiekonzernen, die sich dadurch irgendwie eine weißere Weste verschaffen wollen. Kann man aber auch anders interpretieren, denn die Zementindustrie ist Kann gar nicht, dadurch, dass dieser Herstellungsprozess des Zements mit dem Brennvorgang einfach auch prozessimmanente Emissionen verursacht, dadurch kann es ja gar nicht emissionsfrei werden. Und insofern ist es da, finde ich, schon ein legitimes Mittel. Natürlich, wenn man es jetzt in einem Projekt einsetzt, müssen auch andere Strategien wie die Suffizienzstrategie, wie Konsistenzstrategien, Effizienzstrategien müssen vorher erstmal auch ausgeführt werden und durchdacht werden. Bis ich dann auf dieser Ebene ein Material, auf dieser Materialebene dann letztendlich diese Maßnahmen ergreife, wie auf evoZero dann zurückzugreifen. Aber trotzdem, in dem Umfang ist es ein guter Weg, denke ich. Noch ein ziemlich aufwendiger Weg, wie ich erfahren habe. Aber er ist trotzdem wichtig für die gesamte Branche. Du warst ja selbst in Brevik und konntest dir vor Ort ein Bild machen. Wie war dein Eindruck so ganz unmittelbar? Mich hat wirklich sehr beeindruckt, erstens wie lange dieser Prozess schon andauert, dass es ja schon seit über 20 Jahren in der Entwicklung ist und jetzt erst dieses Jahr dann wirklich in Betrieb genommen wurde. Das ist eine wahnsinnig lange Zeit, in der sehr viel getüftelt werden musste. Und vor allem vor 20 Jahren, da hatten wir ja zum Beispiel das Klima-Agreement von Paris noch gar nicht. Also war es da zeitlich gesehen schon ziemlich weit vorausdenkend und vorausschauend. Und der Aufwand, der dafür betrieben werden muss, der war mir so nicht klar. Und das war sehr gut, das einmal mit eigenen Augen zu sehen, weil der wirklich immens ist. Also was da angestellt wird, eher von diesem hohen Druckaufbau und Abkühlen des CO2, damit es verflüssigt werden kann, bis hin zur Zwischenlagerung, das dann einmal mit dem Schiff zu verschiffen und dann wieder Zwischenlagern unter den Meeresboden zu pumpen. Wow, also das ist wirklich ein wahnsinniger Aufwand. Davon war ich sehr beeindruckt, dass man diesen Aufwand auch macht als Unternehmen. Mich hat natürlich auch interessiert, wie verhält es sich, sind da Risiken mit verbunden mit CCS, wie verhält es sich eben auch bilanziell, also von der Emissionskalkulation her, was wird da alles inkludiert tatsächlich, wie verlässlich sind die Zahlen, die daraus herkommen, auch wie funktioniert das mit dieser Carbon Bank, damit da auch wirklich kein Unfug mitgetrieben wird mit den eingespeicherten Emissionen. All sowas war sehr interessant dann vor Ort zu sehen. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Carbon Capture & Storage haben sich in den letzten Monaten entscheidend weiterentwickelt. Lange war das Thema in Deutschland politisch umstritten, wurde von der einen Seite als Hoffnungsträger für Industrieprozesse mit unvermeidbaren Emissionen gesehen, von der anderen als vermeintliches Feigenblatt für fossile Geschäftsmodelle. Am 6. November 2025 nun der entscheidende Schritt. Der Bundestag verabschiedet das sogenannte Kohlenstoffspeicherungsgesetz, kurz KSPG. Der Bundesrat stimmt dem Gesetz am 21. November zu. Eine Zäsur, denn mit diesem Gesetz ist nicht nur die unterirdische Speicherung von CO2 unter dem Meer rechtlich erlaubt, sondern erstmals auch der Transport von CO2 innerhalb Deutschlands gesetzlich geregelt. Das ist ein politischer Meilenstein, denn wer CO2 abscheiden will, muss es auch sicher transportieren und speichern dürfen. Was bislang in Norwegen oder den Niederlanden schon Praxis ist, bekommt nur noch in Deutschland ein Fundament. Wichtig ist, das Gesetz erlaubt CCS offshore, also unter der Nordsee, nicht pauschal an Land. Aber die Bundesländer bekommen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie CCS-Anlagen auf dem eigenen Festland zulassen wollen. Ein föderaler Hebel und eine neue Verantwortung, insbesondere für Regionen mit CO2-intensiver Industrie wie Zement, Stahl oder Chemie. Für Heidelberg Materials bedeutet dieses neue Gesetz Rechtssicherheit. Und die ist essentiell, um Produkte wie evoZero vom Pilotprojekt zum breit verfügbaren Angebot zu skalieren. Denn klar ist auch, solche Technologien kosten Geld und brauchen Investitionssicherheit. Parallel dazu wächst das tatsächliche Angebot. evoZero ist seit Oktober 2025 bestell- und lieferbar, die ersten Chargen sind bereits im Markt. In Norwegen läuft die Auslieferung, auch in Großbritannien wurde eine erste Großlieferung abgewickelt. Und auch in Deutschland ist evoZero angekommen. Im wahrsten Sinne, in Heidelberg wurde kürzlich der 3D-gedruckte Teil des sogenannten Drei-Haus-Projekts mit evoZero umgesetzt. Aktuell ist das verfügbare Volumen noch begrenzt. Wer evoZero für kommende Projekte einplanen will, sollte frühzeitig in die Projektierung einsteigen. Denn noch handelt es sich um ein Nischenprodukt, mit großem Hebel, aber kleinem Lagerbestand. Der Zement kommt entweder direkt aus Breivik oder als sogenannte virtuelle Variante aus einem europäischen Werk nahe des Projektorts mit CO2-Einsparungen, die 1 zu 1 auf den Zement angerechnet werden. In beiden Fällen ist evoZero das weltweit erste Produkt seiner Art, ein Carbon Captured Near Zero Zement im industriellen Maßstab. Mich interessiert jetzt, wie sieht es mit der Nachfrage aus? Wer fragt da eigentlich gerade an? Sind es vielleicht Architekturbüros, die neue Möglichkeiten in der Ausschreibung suchen? Oder Bauherren und Investoren, die ESG-Ziele real erfüllen wollen? Vielleicht sogar andere Zementwerke oder Betonproduzenten, die mit Heidelberg Materials zusammenarbeiten möchten? Ich habe Robert Bachmann gefragt, wer sind aktuell die Menschen, die am häufigsten das Gespräch mit euch suchen? Und was genau wollen sie wissen? Eigentlich alle. Wir haben sowohl mit unseren klassischen Kunden, Baufirmen, Einkäufern und so weiter zu dem Thema Kontakt, aber auch ich mit Architekten und Planerinnen. Gleichzeitig gehen wir aber auch auf eine neue Zielgruppe zu. Das sind nämlich die Bauherren selbst oder auch die Finanzindustrie, also die, die das Funding für Großprojekte machen, weil wir identifiziert haben, dass dort eigentlich die grundlegende Entscheidung für solche Projekte auch gelegt wird. Also wir haben eigentlich alle Baubeteiligten oder Projektbeteiligten mit in unserer Kette, die wir ansprechen. Und die Fragen, die sind halt, jetzt wenn man das mal auf Architektur oder Planerin runterbricht, sehr interessant. Also wie sieht es mit Verfügbarkeit aus? Welche Einschränkungen habe ich? Muss ich irgendwas beachten? Wie kann ich das ausschreiben? Und natürlich auch die Kostenfrage, das kommt immer dazu. Und wir sagen dann immer, es ist von der Ausschreibung her ganz einfach. Wir haben Ausschreibungstexte, da können wir zuarbeiten. Von der Technologie her hat es keinerlei Einschränkungen. Am Ende des Tages ist es ein Beton nach Eigenschaft, der da eingebaut wird. Das ist ein Riesenvorteil. Die technologischen Hintergründe, wie CCS funktioniert, das kommt immer ein bisschen darauf an, wie viel Zeit jemand hat, um das zu erklären. Wir nehmen uns die Zeit, klären das auch gerne, dann entstehen auch wieder Anschlussfragen. Aber um dann zurückzukommen, wie das planerisch umgesetzt wird, dann sagen wir, ja, das Produkt ist da, wir können es ansetzen. Und wenn es vielleicht doch nicht zu diesem Leuchtturmprojekt reicht, dann gibt es vielleicht noch die zweite Variante, erstmal mit CO2-reduzierten Betonen zu arbeiten, denn das haben wir ja auch noch. Muss ja nicht immer gleich die Königslösung sein. Wir dürfen nicht vergessen, auf unserem Weg machen ja auch schon kleine Schritte sehr, sehr großen, haben schon sehr großen Einfluss auf eine CO2-Bilanz. Da wollen wir eigentlich hinkommen. Wir wollen über diesen Diskurs die Leute überzeugen, denkt CO2 mit, auch im zirkulären Bauen von Anfang an und nutzt das jetzt. Und da merken wir, da ist noch viel Aufklärungsbedarf. Aber sie sind sehr offen. Also das muss man vielleicht auch mal mit sagen. Wir werden mit offenen Armen empfangen. Die Leute sind dankbar, dass wir da Lösungen anbieten und sie hören zu und stellen sehr, sehr, sehr gute Fragen. Und wie ist es mit der Finanzwirtschaft? Die steckt ja weniger tief in der technischen Prozesswelt, hat aber sicherlich ganz eigene Fragen rund um Kennzahlen, Bilanzierbarkeit oder ESG-Konformität. Was ist da aktuell am häufigsten das Thema? Wir sehen da jetzt auch so über die anderthalb Jahre eine unheimliche Entwicklung und die Finanzindustrie fragt natürlich als erstes nach den Kosten, auch in Bezug auf die Gesamtkosten eines Projektes und sind dann doch immer erstaunt, wenn wir eben mal sagen, mal als klassisches Beispiel im Hochbau. Der Beton selbst macht in der Gesamtbilanz eines Gesamtprojektes ungefähr ein Prozent aus an Kosten. Also selbst wenn ich den Betonpreis verdoppeln würde, wäre das nur ein Prozent der Gesamtkosten. Das ist das Erste, was auch immer zum großen Aha-Moment führt. Und also die Kostenfrage steht immer mit im Fokus. Und das Zweite ist halt, wie können Sie das anrechnen? Der Nachteil ist, dass innovative Produkte, also sie sind ja immer Vorläufer. Innovation läuft immer in der Regulierung und Normierung voraus. Und so ist es auch bei evoZero. Das heißt, CCS-Technologie findet in dem klassischen Rahmenwerk der EN 15804 für EPDs, also für die Umweltproduktdeklaration, überhaupt keine Erwähnung. Das heißt, die Finanzindustrie kann das auch gar nicht in ihren Bilanzen ausweisen. Und da müssen wir natürlich Lösungen anbieten. Das machen wir einerseits durch die Carbon Bank, indem wir sagen, ihr habt den Nachweis, dass wirklich CO2 dort vermieden wurde. Und das Zweite ist, worauf wir sie dann immer hinweisen, ist, es kann im Scope 3 Reporting bei dem Nutzer, bei dem Endverwender, aber auch bei der Finanzindustrie dann angerechnet werden. Im Reporting im Scope 3 darf ich separat diese Dinge ausweisen in meiner Bilanz. Und das macht es auch wieder transparent und sinnvoll. Natürlich irgendwo möchte vielleicht so eine Finanzindustrie damit auch einen finanziellen Vorteil erreichen, sei es durch höhere Mieten oder höhere Erträge beim Verkauf. Aber wir sehen da auch ein Stück jetzt eine Veränderung. Die Zukunft wird eher sein, dass Produkte, die nicht CO2 reduziert sind oder die sehr konventionell nach alter Herstellung gebaut wurden, eher bestraft werden bzw. Überhaupt gar kein Funding mehr bekommen. Das heißt, man drückt gar nicht so den Bonus für die EvoZero oder EvoBuild-Linie in den Vordergrund, sondern sagt, Das andere wird gar nicht mehr finanziert. Und das wiederum spiegelt dann auch ganz schnell auf Bauherren oder Architekten und Planerinnen zurück. Da sehen wir das, was wir schon wussten, dass das kommen wird. Das hat jetzt so seit einem halben Jahr ungefähr an Geschwindigkeit aufgenommen. Also die Banken melden uns da ganz klar zurück, dass sie Projekte, die nicht eine Lebenszyklusanalyse haben, gar nicht mehr finanzieren, weil in ihren Büchern das sonst nämlich negativ bewertet wird, weil der Restwert dieses Gebäudes dann irgendwann null ist. Das ist natürlich dann eine Liability in ihren Büchern und das wollen sie nicht. Und das betrifft natürlich den Neubau. Den Bestand können wir nicht mehr ändern. Also da haben wir jetzt keinen Einfluss. Das betrifft halt ganz klar den Neubau. Wie sieht es bei euch im Alltag aus, Stefanie? Kommen die Bauherren inzwischen aktiv mit dem Wunsch nach CO2-reduzierten Materialien auf euch zu? Oder ist das in der aktuellen Lage eher seltener geworden? Was überwiegt? Das Interesse an Nachhaltigkeit oder doch der Blick auf die reinen Baukosten? Ja, ich würde gerne sagen, nein, nein, unsere Bauherren sind da voll dafür und die investieren, egal was es kostet, in die Nachhaltigkeit. Ist leider tatsächlich in den letzten Jahren ein bisschen rückläufig. Das CSRD-Reporting und EU-Taxonomie scheint da nicht in voller Gänze zu greifen, so wie es ursprünglich mal gedacht war. Was natürlich sehr schade ist, weil wir von Haus aus die Triple Zero-Gedanken, bei uns also Zero Emission, Zero Energy und Zero Waste in unseren Projekten gerne anbringen wollen. Wir verfügen auch über die Alternativen. Also das wäre alles da. Varianten könnten gebildet werden, wenn sie denn auch wirklich Anklang finden würden bei den Bauherren. Es ist jetzt nicht so, dass da kein Bauherr dabei ist. Auch nicht, ganz und gar nicht. Also wir haben da durchaus einige Bauherren, die auch bewusst zu uns kommen, sich für uns entscheiden, weil sie wissen, wir werden ihr Projekt in sichtlich der Nachhaltigkeit dann auch voranbringen. Aber die breite Masse ist es leider noch nicht. Und da hoffe ich, dass wir hinkommen. Ich meine, jetzt gerade ist wieder eine UN-Klimakonferenz und ich verstehe einfach nicht, wie man es als Unternehmen mit seinem Gewissen vereinbaren kann, immer noch so zu bauen wie vor 30, 50 Jahren. Wir kennen jetzt doch alle die Konsequenzen. Die wissenschaftliche Lage ist da auch eindeutig. Jedes Versäumnis jetzt zu handeln Und dann dementsprechend auch die baulichen Entscheidungen in eine ökologisch sinnvollere Richtung zu bringen, wird uns später einfach ein Vielfaches mehr kosten. Es existieren eben Methoden, Prozesse, Produkte, die es uns eigentlich ermöglichen würden, besser zu handeln und besser zu planen und bauen. Und die sollen doch jetzt auch wirklich mal gezogen werden, finde ich. Und wenn dir ein Bauherr gegenüber sitzt, der zwar noch skeptisch ist, vielleicht wegen der Kosten, aber grundsätzlich offen für neue Ansätze, nutzt ihr dann eure Erfahrung, um gemeinsam nach besseren Lösungen zu suchen? Kommt da auch ein Produkt wie evoZero ins Spiel oder habt ihr es vielleicht sogar schon konkret empfohlen? Ja, also wir haben es schon gemacht. Wir sind immer eigentlich offen für Alternativprodukte, für Produkte, die ökologisch sinnvoller und besser sind. Es ist wichtig, zuerst auch eben die anderen Aspekte der Suffizienz, also wie viel muss ich überhaupt bauen, kann ich Bestände wiederverwenden, wie viel Beton muss in meinem Bauteil überhaupt sein, kann ich nämlich vielleicht eher auch auf Bauteilebene durch Hohlkörper oder ähnliche Technologien Material grundsätzlich einsparen. Dann aber auch natürlich Konsistenzstrategien, also kann ich vielleicht an einigen Stellen, wo es Sinn ergibt, auch andere Materialien, Lehm, Holz, was auch immer, einsetzen und dann, wenn das eben alles nicht geht oder ausgenutzt ist. Dann auf jeden Fall muss ich auch ökologischere und emissionsreduzierte Alternativen für dann die Materialien, die noch übrig bleiben, wie zum Beispiel Beton, aber auch Stahl oder ähnliches, dann anwenden können. Und hier ist es auf jeden Fall sinnvoll, eben über solche Alternativen nachzudenken und diese dann zu empfehlen. Und das tun wir auch. Natürlich muss man dann auch eine Preismarke dahinter setzen können, damit dann auch klar wird, also welchen investierten Euro bekomme ich, wie viel an eingesparten Tonnen Emissionen oder weniger verwendeten Material oder ähnlichen. Aber diese Untersuchung, die braucht es, finde ich auch, gerade wenn man eben einen Bauherrn hat, der da grundsätzlich offen für ist, dann ist das auf jeden Fall unsere Pflicht als Planer, so zu agieren, dass wir das auch anbieten. Während Produkte wie evoZero schon heute technisch einsatzbereit und lieferfähig sind, zeigt ein Blick auf die planerische Praxis, Der Weg in den Projektalltag ist noch lang und kurvenreich. Denn auch wenn das Interesse wächst, bleiben viele Fragen unbeantwortet. Vor allem dort, wo Regularien, Zertifizierungen und Finanzierungsmodelle ineinandergreifen sollen. Ein zentraler Punkt dabei ist, wie lassen sich Materialien wie evoZero verlässlich bilanzieren. Für planende Bauherrschaft und Auditorinnen und Auditoren ist das kein Detail, sondern oft die entscheidende Frage, denn ohne eine anerkannte Umweltproduktdeklaration, also die sogenannte EPD, bleibt das Produkt in der Bewertung häufig unscharf. Stefanie Weidner bringt es auf den Punkt. Ohne EPD keine saubere Bilanz und ohne saubere Bilanz kein einfaches Einpflegen in Lebenszyklusanalysen. Auch wenn das Produkt technisch überzeugt, wer auf ein Nachhaltigkeitssiegel wie DGNB, BREEAM oder QNG zielt, braucht Zahlen, die belastbar sind. Der Haken dabei ist, die bestehenden Bewertungsgrundlagen kennen das Verfahren der CO2-Abscheidung und Speicherung bislang nicht. Carbon Capture & Storage ist in klassischen Ökobilanzen schlicht nicht vorgesehen. Der rechtliche Rahmen, gerade erst durch das neue Kohlendioxid-Speicherungsgesetz gestärkt, ist dem Zertifizierungssystem einen Schritt voraus. Derzeit laufen Gespräche, wie sich CCS künftig in Nachhaltigkeitszertifikaten abbilden ließe, etwa über Innovationspunkte oder neue Bewertungskategorien. Doch bis das spruchreif ist, bleibt vieles Pionierarbeit. Oder, wie Robert Bachmann sagt, eine Frage der intrinsischen Motivation. Und die ist rar gesät, denn auch wenn die Bauherrschaft oder Projektentwickler offen sind für neue Produkte, sobald sich ein Produkt nicht eindeutig zuordnen, beziffern und vergleichen lässt, steigen viele aus. Der Wunsch nach Nachhaltigkeit ist da, aber die Umsetzung scheitert oft an Unsicherheit, Komplexität und fehlenden Standards. Und manchmal auch an Missverständnissen. Da wird stolz kommuniziert, dass ein Projekt RC-Beton enthält, nur um dann festzustellen, dass ausgerechnet die massive Bodenplatte aus konventionellem Beton gegossen wurde. Symbolpolitik statt systemischer Wandel. Umso wichtiger ist es, Aufklärung zu leisten. Robert Bachmann beschreibt, wie sein Team bei Heidelberg Materials genau hier ansetzt. Es spielt auch die Finanzindustrie, und das haben wir ja schon vor zwei Jahren gesagt, eine riesige Rolle. Und wir wissen, die finanzieren einfach die nächsten Jahre keine Standardsachen mehr. Punkt. Also das heißt, jeder Beteiligte am Bau muss sich damit beschäftigen, dass dort Anforderungen kommen. Und ich nehme das auch wahr, dass die Leute das wollen. Sie sind aber ein Stück weit überfragt. Was gibt es? Was muss ich machen? Wir haben ganz viele Anfragen. Hier sitzt eine Ausschreibung, das gefordert. Und was müssen wir denn da machen? Zu Dingen, wo wir als Betonlieferant sagen, das hat überhaupt keine Relevanz für uns. Wir müssen keinen QNG-spezifischen Beton da liefern. Bei Wohngebäuden ist da keine große Anforderung drin. Diese Unsicherheit, die ist noch ein bisschen ein Hindernis aktuell. Da haben wir noch ein bisschen zu viel Bürokratismus drin. Aber wir arbeiten es Stück für Stück ab. Also dafür haben wir zum Beispiel auch hier bei der Heidelberg Materials jetzt ja mein Team und auch Rebekkas Team für die nachhaltigen Lösungen, die sich das zur Aufgabe gemacht haben, das im Tagesgeschäft eins zu eins mit den Kunden zu besprechen, aber auch übergeordnet in Veranstaltungen oder hier wie im Podcast einem größeren Publikum vorzustellen. Denn wie gesagt, die Leute laufen eigentlich mit offenen Armen auf uns zu und sagen, na endlich erklärt das jemand mal vernünftig runtergebrochen und sie sind offen dafür. Das macht dann Spaß. Wenn also künftig nicht mehr nur das Produkt, sondern das gesamte Konzept zählt, wenn Finanzierungen an CO2-Bilanzen, Scope 3 Anrechenbarkeit und Zukunftssicherheit geknüpft sind, dann braucht es ja neue Planungsprozesse, die genau das mitdenken. Stefanie, wenn Du Dir so einen Prozess einmal ideal vorstellen könntest, wie müsste der aussehen? Was müsste sich verändern, damit Produkte wie EvoZero nicht erst am Ende in Frage kommen, sondern ganz selbstverständlich von Anfang an mitgedacht werden? Also ich hoffe und ich erwarte eigentlich, dass am Anfang eines jeden Projekts, und das kann gut in der Leistungsphase null sozusagen sein, zusammen mit der Bedarfsplanung, dass dort auch eine Nachhaltigkeitsagenda verabschiedet wird. Dass man sich im gesamten Beteiligten-Stakeholder-Bereich, also von den Bauherren bis hin zu den Planenden, sobald sie vertraglich gebunden sind. Dass das alles sich auf gewisse Nachhaltigkeitskriterien und Ziele einigen und dass das wirklich mal am Anfang steht. Und gerne auch unterschrieben. Und dann ist schon mal viel geholfen, weil dann habe ich Ziele, die könnten zum Beispiel circa zwei Grenzwerte sein. Es könnte auch sein, ich will einen Anteil von XY-Prozent an Kreislaufgerechtigkeit oder Wiederverwendung und Wiederverwertung im Projekt einbauen. Ich will Materialausweise herstellen. Ich möchte eine rückbaufähige Konstruktion haben. All solche Ziele können sein, natürlich auch hinsichtlich Mikroklima, Wohlbefinden der Menschen und so weiter. Dann hat man eben dieses gemeinsame Ziel und die Vision und kann darauf hinarbeiten und die Planung auch dementsprechend ausrichten. Und die Planung selber muss integral und digital sein. Also die digitalen Prozesse und Tools, die es da inzwischen gibt, die sind fürs nachhaltige Bauen und Planen eigentlich nicht mehr wegzudenken und genauso wenig ist es integrale, interdisziplinäre Zusammenarbeit. Also alle, die denken, das kann ich als einzelner Fachplaner oder Objektplaner alleine durchziehen, ohne dass ich meine Kompagnons mitnehme von den anderen Disziplinen, das geht nicht. Das wird nicht funktionieren, denn ich brauche schließlich alle dabei und alle müssen am gleichen Strang ziehen, sonst klappt es nicht. Also das ist ein ganz wesentlicher Aspekt für die Planung selber. Ja, auch während des Planungsprozesses muss ich ja schauen, wie ich diese Ziele erreiche. Das kann eben durch diese genannten Nachhaltigkeitsstrategien passieren. Dann eben kann es ja auch dazu kommen, dass ich, je detaillierter ich werde, dass ich dann auch schon aus führenden Firmen mit in den Prozessen aufnehme, weil die ja letztendlich dann auch diejenigen sein müssen, die dann Alternativprodukte wie EvoZero und andere dann auch einbauen. Und die müssen selber die Ausschreibung dann dahingehend machen können, die müssen auch wissen, wie sie mit den Materialien umzugehen haben und insofern könnte auch dieses IPA-Verfahren, also was jetzt in manchen öffentlichen, aber auch privaten Projekten immer mal wieder verwendet wird, also integrierte Projektabwicklung steht IPA dafür, könnte eine Möglichkeit sein, weil da sind ja zum Beispiel dann auch die ausführenden Firmen von Anfang an eigentlich mit an Bord und dass dann alle dieses gemeinsame Ziel verfolgen. Ich stelle mir das als eine Möglichkeit vor, die in Zukunft häufiger angewendet werden könnte, um eben effizienter und effektiver und vor allem nachhaltiger zu planen und bauen. Robert, ihr seid mit Breivik international ganz vorne dran, wenn es um CCS im industriellen Maßstab geht. Wenn man sich anschaut, wie komplex die Technik, aber auch die Rahmenbedingungen drumherum sind, welche Perspektiven zeichnen sich aus eurer Sicht gerade ab? Technologisch, international, vielleicht auch hier in Deutschland? Also bei Carbon Capture ist es so, wir sind die weltweit Ersten und Einzigen aktuell. Es gibt ein paar kleinere Pilotanlagen, aber auf industriellen Maßstab sind wir die Allersten. Die anderen werden so gegen Ende des Jahrzehnts dann auch mit nachrücken. Aber einer muss ja irgendwo der Erste sein. Und ganz ehrlich, wir haben das hier ein Stück weit auch dem norwegischen Kollegen einfach zu verdanken und auch dem norwegischen Staat, die sich da sehr, sehr früh, auch sehr offensiv damit beschäftigt haben. Und wir profitieren jetzt ein Stück weit davon an der Stelle mit. Aber das Werk in Brevik, wir haben da auch unsere Wettbewerber und alle Beteiligten weltweit eingeladen. Also ich glaube, aus fast allen Ländern dieser Erde haben mittlerweile Delegationen den Weg dorthin geführt. So ein Zementwerk mal in echter Natur sehen, das ist nicht nur beeindruckend, sondern es ist auch demütig. Also wenn man mal neben einem Ofen steht, der 1450 Grad hat, welche Menge an Brennstoff da durchgeht, was da an Klinker jede Sekunde rausfährt, dann kriegt man auch ein ganz anderes Gefühl für Dimensionen. Und das war auch noch so ein Moment, wo ich gesagt habe, das müssen wir viel häufiger den Leuten auch zeigen, weil diese 400.000 Tonnen CO2-Abscheidung pro Jahr, die wir im Breivik realisieren, das ist immer so eine Zahl, die kann niemand groß fassen. Aber es ist halt eine gigantische Zahl, wenn man mal an dieser Industrieanlage steht. Wir zeigen das ganz offen. Wir sagen, guckt euch das an, das funktioniert, denn wir alle sitzen ja in demselben Boot, genannt Erde, und haben eigentlich auch ein Interesse, dass das funktioniert. Und da erhoffen wir uns natürlich auch Skalierungseffekte darüber hinaus. Und es kommen ja noch viel, viel mehr Projekte. Also es gibt da eine ganze Roadmap. Das nächste, was konkret ist, ist Pateswood in UK, was kommen wird, was auch schon das Final Funding bekommen hat. Also das wird das nächste sein, was auch dann vollständig abscheiden wird, also über 90 Prozent CO2-Abscheidung machen wird. Und im deutschen Markt wird es gegen Ende des Jahrzehnts GZEO sein, unser Werk in Geseke. Und dann gibt es natürlich weltweit noch verschiedene Projekte, die alle noch in der finalen Umsetzung sind. Aber wir haben vom EU Innovation Fund vier Projekte recognized bekommen, die europaweit dann in die nächste Phase eintreten können, was natürlich auch wieder Auftritt gibt, weil das sind extrem wichtige Meilensteine, um das Thema vorantreiben. Am deutschen Boden haben wir noch unser Projekt in Lenkfort, wo wir nicht nur CO2 abschalten, sondern es auch wiederverwenden in der Getränkeindustrie. Das sind aber noch kleinere Anlagen, die da erstmal grundsätzlich die Technologie nachweisen sollen. Man muss es einfach tun. So nüchtern bringt es Robert Bachmann auf den Punkt und meint damit, die Werkzeuge für CO2-reduziertes Bauen liegen längst auf dem Tisch. Sie müssen nur genutzt werden. Besonders die öffentliche Hand hat dabei einen enormen Hebel. Immerhin verantwortet sie rund ein Viertel des gesamten Zementverbrauchs in Deutschland. Doch statt mutige Anforderungen zu stellen, wird in Ausschreibungen noch allzu oft auf Standard gesetzt und Nachhaltigkeit zur Zulageposition degradiert. Ein Kardinalfehler, sagt Robert Bachmann, denn was als Zulage läuft, wird nie wirtschaftlicher sein als der vermeintliche Standard. Die Folge, es bleibt beim Status quo. Eine Lösung wäre, den Spieß umzudrehen, nicht mehr zu fragen, wer bietet Nachhaltigkeit dazu, sondern zu fordern, wer kann unsere CO2-Anforderungen erfüllen. Wer davon abweichen will, muss das begründen, nicht umgekehrt. Dass es geht, zeigen Beispiele wie die Deutsche Bahn. Sie war eines der ersten Unternehmen, das evoZero ins Auge fasste, mit echtem Interesse und konstruktivem Feedback. Auch die Autobahn GmbH hat mitgedacht und gehandelt. Bei einem Projekt auf der A6 bei Schwetzingen kam erstmals das Produkt evoBuild zum Einsatz. Ein Beton mit 50% CO2-Reduktion. Das sind die Momente, die Mut machen, sagt Robert Bachmann. Denn dort zeigt sich, wenn beide Seiten wollen, entstehen Lösungen, die durch die Ausschreibung kommen und auf die Baustelle. Perfektion, so Robert Bachmann, sei nicht das Ziel. 30% weniger CO2 in der Breite, das wäre schon ein riesiger Fortschritt. Nicht jedes Projekt muss revolutionär sein, aber jedes Kilogramm CO2, das heute nicht emittiert wird, zählt. Ich selbst beobachte diesen Weg mit großer Neugier und kritischer Distanz. Carbon Capture allein wird nicht genügen, aber es kann ein Baustein sein, vor allem dort, wo Beton keine Alternative hat. In Kombination mit Strategien wie Suffizienz, Umbaukultur und Materialkreisläufen entsteht daraus vielleicht kein Patentrezept, aber doch eine tragfähige Brücke. evoZero ist ein Schritt in diese Richtung. Wer bereit ist, neue Wege industriell zu gehen, wer Technologien öffnet, statt abzuschotten, wer Transparenz zulässt und Kritik nicht scheut, verdient eine genaue, aber faire Beobachtung. Denn die Bauwende lebt nicht von Visionen allein. Sie braucht greifbare Veränderungen. Im Stofflichen, im Planerischen, im Politischen. CCS allein wird die Bauwirtschaft nicht aus ihrer Schieflage heben. Aber vielleicht verhindert sie, dass uns auf dem Weg zur Klimaneutralität die Zeit davonläuft. Und genau diese Zeit sollten wir nicht verstreichen lassen. Das war eine weitere Folge von Architektourist, dem Podcast für Architektur, Bautechnik und Baukultur. Mehr über meine Gesprächspartnerin Dr. Stefanie Weidner von Werner Sobek, meinen Gesprächspartner Dr. Robert Bachmann von Heidelberg Materials, über evoZero und weitere Themen dieser Folge findest du wie immer in den Shownotes. Wenn dir diese Folge gefallen hat, empfehle sie gern weiter. Gib eine Bewertung bei Spotify oder Apple Podcasts ab oder abonnier den Podcast, um keine Episode zu verpassen. Ich bin Alexandra Busch, danke Dir fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge von Architektourist.

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