#46 Bau.Pause – Rückbau ist die Kunst des Anfangs
Über handwerkliches Können, systemische Hürden und einen neuen Blick aufs Bestehende
29.08.2025 9 min
Zusammenfassung & Show Notes
Rückbau klingt nach Baustelle, Staub und Entsorgung. Aber was, wenn Rückbau der Anfang wäre, nicht das Ende In dieser Baupause nehme ich dich mit zu einem Perspektivwechsel: vom Abriss zur Achtsamkeit, vom Chaos zur Koordination, vom Materialverlust zur Materialbewahrung. Es geht um Türen, die weiterziehen dürfen. Um Fenster, die nochmal Licht schenken. Wir sprechen über neue Chancen fürs Handwerk, über systemische Hürden, über Concular und darüber, warum Rückbau mehr Fingerspitzengefühl braucht als ein Neubau.
Wenn du wissen willst, warum Rückbau zur Baukultur der Zukunft gehört, dann hör gern rein und lies anschließend Teil 2 meiner BlogCast-Serie auf LinkedIn über zirkuläres Bauen: Gebäude sind keine Wegwerfware: Concular macht zirkuläres Bauen zum System
Und falls du Teil 1 der BlogCast-Serie noch nicht kennst, hier geht’s zum Einstieg: Aus Alt wird Sinn: Drei Blicke auf zirkuläres Bauen
Wenn du wissen willst, warum Rückbau zur Baukultur der Zukunft gehört, dann hör gern rein und lies anschließend Teil 2 meiner BlogCast-Serie auf LinkedIn über zirkuläres Bauen: Gebäude sind keine Wegwerfware: Concular macht zirkuläres Bauen zum System
Und falls du Teil 1 der BlogCast-Serie noch nicht kennst, hier geht’s zum Einstieg: Aus Alt wird Sinn: Drei Blicke auf zirkuläres Bauen
Der Podcast:
Architektourist bietet eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten – von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung.
Seid bei der nächsten Folge wieder dabei, wenn wir weitere spannende Projekte und Persönlichkeiten aus der Welt des Bauens vorstellen. Wenn Euch die Episode gefallen hat, abonniert Architektourist bei Eurem bevorzugten Podcast-Anbieter.
Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf Eure Nachrichten unter kontakt@architektourist.de.
Architektourist bietet eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten – von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung.
Seid bei der nächsten Folge wieder dabei, wenn wir weitere spannende Projekte und Persönlichkeiten aus der Welt des Bauens vorstellen. Wenn Euch die Episode gefallen hat, abonniert Architektourist bei Eurem bevorzugten Podcast-Anbieter.
Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf Eure Nachrichten unter kontakt@architektourist.de.
Transkript
Nur mal laut gedacht. Willkommen zur Baupause, dem kurzen Gedankenstopp mit Architektourist.
Fünf Minuten für Baukultur, Alltagsbeobachtungen und spontane Überlegungen.
Irgendwo zwischen Kaffeetasse, Skizzenrolle und Türrahmen.
Ich habe neulich ein Bild irgendwo
im Internet gesehen. Ein ehemaliges Bürogebäude irgendwo in der Stadt.
Keine Abrissbagger, keine Staubwolke, stattdessen fünf Leute mit Schutzhelm,
Handschuhen und Klemmbrett.
Sie haben Fenster ausgebaut, eine Granitplatte beschriftet, Dämmmaterial sortiert,
jede Tür fein säuberlich auf Paletten gestapelt.
Und ich dachte, so sieht Rückbau aus.
Nicht wie ein Ende, mehr wie ein Anfang.
Als würde jemand ein Gebäude Stück für Stück erzählen, woraus es gemacht ist
und was daraus werden könnte.
Rückbau ist keine Randnotiz des Bauens. Rückbau ist eine eigene Disziplin.
Strategisch, präzise, handwerklich. Und vielleicht genau die Disziplin,
die uns im Moment am meisten lehren kann.
Nicht weil sie neu ist, sondern weil sie uns zwingt, das Bestehende neu zu sehen.
Wenn wir über nachhaltiges Bauen reden, dann sprechen wir oft über Neubau.
Besser bauen, schlanker, effizienter, CO2-sparender.
Aber was ist mit dem, was schon da ist? Wie viel steckt in einem Gebäude,
bevor es zur Baustelle wird?
Und was wäre, wenn das sorgfältige Auseinandernehmen genauso viel Planung bräuchte wie der Entwurf?
Der Bestand ist keine Altlast, er ist Rohstofflager, Ressourcenspeicher, Materialbibliothek.
Und Rückbau ist der Schlüssel dazu.
Mining, Materialpässe, Sortenreine Demontage. Das klingt erstmal technisch.
Aber eigentlich geht es um etwas sehr Praktisches. Wiederverwendung möglich machen.
Mit System, mit Sorgfalt, mit Weitblick.
Ich mag dieses Bild in meinem Kopf. Architektinnen und Architekten,
die das spätere Demontieren schon im Entwurf mitdenken.
Bauherrenteams, die Rückbau fest in die Kalkulation aufnehmen.
Projektgruppen, die mit Stolz erzählen, was sie gerettet haben,
weil Materialien weiterziehen dürfen.
Und auf der Baustelle? Kein Lärm, kein Chaos, stattdessen Akkuschrauber,
Etiketten, Paletten, Protokolle.
Ein präzises Handwerk mit Verantwortung und Sorgfalt.
Rückbau ist eine Kunst für sich. Nicht jeder kann eine Tür ausbauen,
ohne sie zu beschädigen.
Nicht jedes Team erkennt, wie eine Granitplatte befestigt ist oder wie man ein
Fenster so löst, dass es nochmal eingebaut werden kann.
Dazu braucht es Gespür fürs Material, Verständnis für die Bauweise und handwerkliches
Geschick bis ins Detail.
Wer rückbaut, muss oft mehr wissen als beim Neubau, weil man eben nicht einfach
ersetzt, man erkennt den Wert im Bestehenden und erhält ihn.
Und genau da liegt eine Chance für das Handwerk.
Wenn wir das ernst nehmen, Rückbau als eigenständige Kompetenz,
dann entstehen neue Geschäftsfelder.
Betriebe, die sich auf Demontage, Sortierung, Wiederverwendung spezialisieren.
Die nicht einfach entsorgen, sondern Materialien als wertvolle Ressourcen begreifen und bewahren.
Das ist längst keine Nische mehr. Es ist ein wachsender Markt mit echtem Zukunftspotenzial.
Ich glaube, viele Handwerksbetriebe spüren das längst, diese andere Form der Wertschöpfung.
Wenn nicht mehr nur das neue Bauteil zählt, auch das alte, das man gerettet hat, bekommt Gewicht.
Wenn es plötzlich heißt, wir haben 30 Türen rückgebaut und 25 davon bekommen
ein neues Zuhause, dann entsteht Stolz, Sinn und vielleicht auch ein neues Selbstverständnis.
Natürlich braucht es dafür auch Schulung, Austausch, Qualifizierung,
aber vor allem braucht es Sichtbarkeit, dass wir anerkennen,
wie viel Können in dieser Arbeit steckt, wie viel Planung, Organisation, Logistik.
Rückbau ist kein Rückschritt. Es ist ein Weg nach vorn, mit Werkzeug, Hirn und Überzeugung.
Natürlich klingt das alles schön, diese Idee vom Rückbau als Beginn,
vom Handwerk als Hüter der Ressource, von der Tür, die weiterzieht ins nächste Haus.
Aber die Realität ist manchmal eine andere.
Rückbau kostet Zeit. Und Zeit kostet Geld.
Gerade in einer Branche, die unter Termindruck steht und oft jeden Euro dreimal umdrehen muss.
Sorgfältig ausbauen dauert länger als mit dem Bagger abreißen.
Und Materialien, die rückgewonnen werden, haben oft keinen festen Marktpreis.
Wer kann garantieren, dass sie wirklich wieder gebraucht werden?
Und was, wenn sie Schäden haben oder nicht mehr der Norm entsprechen?
Es fehlt an Anreizen, an Sicherheit, an Struktur, an Datenbanken,
Materialpässen, an rechtlichen Rahmenbedingungen, an klarer Haftung,
an gut ausgebildeten Teams.
Manchmal auch einfach an Platz. Wo soll das alles hin, bis es gebraucht wird?
Und dann gibt es da noch etwas anderes,
tiefer, leiser, kultureller, die Sehnsucht nach Neuem, der Reflex,
wir machen das weg, weil neu oft als besser gilt und alt als Last.
Rückbau ist kein Allheilmittel, aber er ist ein Baustein, ein starkes Symbol
für das, was sich im Bauen gerade verändert oder verändern könnte.
Und genau deshalb finde ich es wichtig, dass es Menschen gibt,
die sich an dieses Dickicht herantrauen.
Die sagen, ja, das ist kompliziert. Und wir machen es trotzdem.
Mit Plattformen, mit Prozessen, mit Partnern.
Dominik Campanella zum Beispiel. Er hat Concular mitgegründet.
Eine digitale Struktur, die den Rückbau organisiert, und zwar in der Praxis.
Da wird nicht nur gesammelt, es wird sortiert, geprüft, dokumentiert, vermittelt.
Fenster, Türen, Leuchten, Böden. Alles mit Herkunft, Zustand und Perspektive.
Wie eine Materialbörse für das Bauen von morgen.
Ich habe mit Dominik gesprochen über Planung und Plattformlogik,
über Materialpässe und Urban Mining Hubs, über Widerstände und über echte Fortschritte.
Denn ja, es ist möglich. Man muss es nur wollen. Und man muss es früh denken.
Nicht erst, wenn der Bagger vor der Tür steht.
Aus unserem Gespräch ist der
zweite Teil meiner Newsletter-Miniserie über zirkuläres Bauen entstanden.
Der erste Teil drehte sich um Schönheit und Materialien mit Geschichte,
dieser hier um Prozesse und Struktur.
Und beide gehören für mich untrennbar zusammen.
Wenn Du mehr darüber lesen möchtest, über Dominik Campanellas Arbeit,
über Rückbau als System, über die Stolpersteine um Chancen, dann findest Du
den Beitrag in meinem Newsletter,
Blogcast zu Architektourist Und wenn du Lust hast, noch weiter einzusteigen,
schau gerne auch in Teil 1 der Miniserie rein.
Da ging es um Ästhetik, Haltung und zirkuläre Poesie mit Professor Amandus Samsoe Sattler.
Alle Links findest du wie immer in den Shownotes.
Und du? Hast du schon mal ein Gebäude auseinandergebaut?
Gedanklich oder ganz konkret? Hast du erlebt, wie viel Wert in etwas steckt,
das andere längst abschreiben wollten?
Ich freue mich, wenn du mir davon erzählst. Schreib mir gern oder kommentier, wenn du magst.
Und bis dahin, danke fürs Zuhören und bis zur nächsten Baupause.
Feedback geben
Ihr habt Lob, Kritik, Fragen oder Ideen rund um den Podcast? Oder Ihr möchtet über den Inhalt einer bestimmten Episode diskutieren? Dann wählt im Formular die jeweilige Folge aus und schreibt mir gerne eine Nachricht. Ich freue mich auf Euer Feedback!