#27 Vom Rohstofflager zur Circular City – Urban Mining im Patrick-Henry-Village Heidelberg
Ressourcen erkennen, Potenziale nutzen: Wie Urban Mining Städte zirkulär macht
15.04.2025 35 min
Zusammenfassung & Show Notes
Was wäre, wenn unsere Städte als Rohstofflager dienen könnten? Genau diese Idee steckt hinter dem Konzept Urban Mining und wurde im Patrick-Henry-Village (PHV) in Heidelberg in großem Maßstab getestet. Die ehemalige US-amerikanische Militärsiedlung mit über 250 Gebäuden steht heute weitgehend leer. Doch statt alles abzureißen, wurden die Bauten systematisch erfasst, analysiert und in ihrer Wiederverwendbarkeit bewertet.
In dieser Episode ist Dr. Matthias Heinrich von EPEA zu Gast, der das Projekt wissenschaftlich begleitet. Gemeinsam mit der Stadt Heidelberg wurde untersucht, wie Urban Mining konkret in der Praxis funktioniert und was dafür nötig ist: digitale Ressourcenpässe, Tools wie der Urban Mining Screener, Materialdatenbanken wie Madaster und vor allem eine fundierte Entscheidung, was sich wiederverwenden lässt und was nicht.
Wir sprechen darüber, wie Gebäude als Rohstofflager analysiert werden, warum nicht jedes Bauteil automatisch nachhaltig ist und wieso Urban Mining nie pauschal gedacht werden darf, sondern immer eine projektbezogene Lösung braucht. Außerdem werfen wir einen Blick auf die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und auf die Vision einer Stadt der Zukunft.
Experte in dieser Episode:
Dr. Matthias Heinrich – Projektleiter bei EPEA – Part of Drees & Sommer, Experte für Urban Mining und zirkuläres Bauen
Weitere Links:
EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer
Urban Mining bei EPEA
Madaster
PHV auf heidelberg.de
PHV bei IBA Heidelberg
Coverbild: Dr. Matthias Heinrich / EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer
In dieser Episode ist Dr. Matthias Heinrich von EPEA zu Gast, der das Projekt wissenschaftlich begleitet. Gemeinsam mit der Stadt Heidelberg wurde untersucht, wie Urban Mining konkret in der Praxis funktioniert und was dafür nötig ist: digitale Ressourcenpässe, Tools wie der Urban Mining Screener, Materialdatenbanken wie Madaster und vor allem eine fundierte Entscheidung, was sich wiederverwenden lässt und was nicht.
Wir sprechen darüber, wie Gebäude als Rohstofflager analysiert werden, warum nicht jedes Bauteil automatisch nachhaltig ist und wieso Urban Mining nie pauschal gedacht werden darf, sondern immer eine projektbezogene Lösung braucht. Außerdem werfen wir einen Blick auf die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und auf die Vision einer Stadt der Zukunft.
Experte in dieser Episode:
Dr. Matthias Heinrich – Projektleiter bei EPEA – Part of Drees & Sommer, Experte für Urban Mining und zirkuläres Bauen
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Der Podcast:
Architektourist bietet eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten – von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung.
Seid bei der nächsten Folge wieder dabei, wenn wir weitere spannende Projekte und Persönlichkeiten aus der Welt des Bauens vorstellen. Wenn Euch die Episode gefallen hat, abonniert Architektourist bei Eurem bevorzugten Podcast-Anbieter.
Ihr habt Fragen oder Vorschläge? Wir freuen uns auf Eure Nachrichten unter kontakt@architektourist.de.
Architektourist bietet eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt. In jeder Episode nehmen wir Euch mit in die Welt der Architektur und Baustoffe, erkunden kreative Anwendungen und tauchen ein in die Geschichten hinter den Bauprojekten – von der ersten Skizze bis zur fertigen Umsetzung.
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Transkript
Liebe Architektouristinnen und Architektouristen, diese Episode wird unterstützt
von EPEA Part of Drees und Sommer. Herzlichen Dank dafür!
Ob in der Stadt oder auf dem Land, Architektur umgibt uns. Überall.
Stellt Euch ein Quartier vor, das aus einer ehemaligen US-Army-Siedlung entsteht.
Ein Ort, der nicht einfach neu gebaut, sondern weitergedacht wird.
Mit Materialien aus dem Bestand, zirkulär und einem Modell für verantwortungsvolle Stadtentwicklung.
Kommt mit auf eine Hörreise durch unsere gebaute Umwelt.
Heute sind wir zu Gast im Patrick-Henry-Village in Heidelberg.
Willkommen bei Architektourist, eurem Podcast für Architektur,
Bautechnik und Baukultur. Ich bin Alexandra Busch.
Die Straße liegt still. Links und rechts reihen sich Gebäude aneinander.
Alle im gleichen Raster.
Die Vorgärten sind zugewachsen, Rohrläden heruntergelassen. In den verlassenen
Wohnungen stapeln sich alte Möbel.
Draußen wächst das Gras durch den Asphalt.
Ein Ort im Dornröschenschlaf.
Was nach einem vergessenen Vorort irgendwo in den USA klingt,
steht in Wirklichkeit mitten in Deutschland.
Das Patrick Henry Village in Heidelberg.
Eine ehemalige US-amerikanische Militärsiedlung aus den 1950er Jahren.
Rund 100 Hektar groß.
Jahrzehntelang bewohnt von amerikanischen Soldatinnen und Soldaten und ihren Familien.
Heute stehen die Gebäude leer, doch ihr Potenzial ist enorm.
Denn was wäre, wenn man die alte Bausubstanz nicht einfach abreißt,
sondern gezielt zurückbaut?
Wenn Beton, Stahl, Ziegel und Holz nicht als Müll, sondern als wertvolle Rohstoffe
betrachtet werden für die Städte von morgen?
Urban Mining heißt dieses Konzept, oder auch Stadtschürfung.
Es geht darum, unsere gebaute Umwelt als Rohstofflager zu begreifen.
Gebäude, Straßen, Infrastrukturen, alles wird analysiert, bewertet und möglichst wiederverwendet.
Denn das, was wir bisher als Abfall betrachten, ist in Wahrheit oft ein wertvoller sekundärer Rohstoff.
Genau darum geht es in dieser Episode von Architektourist, über die Weiterentwicklung
eines verlassenen Stadtteils, der gezielt zurückgebaut und im Kreislauf gedacht wird.
Mein heutiger Gast ist Dr. Matthias Heinrich von EPEA, einem Unternehmen,
das sich auf zirkuläres Bauen spezialisiert hat.
Die EPEA wurde von Professor Michael Braungart,
dem Mitbegründer der Cradle-to-Cradle-Philosophie, ins Leben gerufen.
Heute arbeiten dort Menschen aus Naturwissenschaft, Architektur und Ingenieurwesen
zusammen an einer zentralen Frage Wie schaffen wir echte Materialkreisläufe im Bauwesen?
Ohne Greenwashing, aber mit Substanz Die EPEA ist in zwei Bereiche unterteilt
EPEA Industry begleitet Hersteller bei der Entwicklung kreislauffähiger Produkte,
EPR Real Estate berät Architekturschaffende, Kommunen und Projektentwickler
bei zirkulären Bauprojekten.
Ein solches Projekt ist das Patrick Henry Village in Heidelberg,
die zu einem Modellquartier für Urban Mining werden soll.
Wir sprechen über Urban Mining, über digitale Tools wie den Urban Mining Screener,
über politische Hürden, planerische Spielräume und darüber, warum Urban Mining
nicht immer die beste Lösung ist.
Los geht's mit der Frage, wer ist Matthias Heinrich und was macht die EPEA eigentlich genau?
Zu meiner Rolle, also Matthias Heinrich, zuständig für die EPEA am Dresden-Sommerstandort
in München, also auch für das Thema Urban Mining zuständig.
Was die EPEA macht, also die Hauptteile der EPEA, beschäftigt sich mit dem Cradle-to-Cradle-Konzept,
also der Übergang zu einer echten Kreislaufwirtschaft.
Also wie können Produkte und insbesondere Gebäude diesbezüglich gestaltet werden,
um eben auch in Zukunft kreislauffähig zu sein.
Gab es bei dir so einen Moment, wo du gemerkt hast, Urban Mining, das ist mein Thema?
Oder hat sich das eher nach und nach entwickelt, vielleicht sogar erst bei der EPEA?
Ja, das ist vielleicht längere Geschichte. Also ich beschäftige mich jetzt auch
schon sehr lange mit dem Thema nachhaltiges Bauen und dann kam zirkuläres Bauen
dazu. Also das ist auch schon länger her dann auch in der Forschung tätig gewesen.
Dann hieß es auch mal, ja, willst du nicht irgendeine Arbeit über Abfälle schreiben?
Und dann kam das auf, also das ist jetzt auch schon über 10,
15 Jahre her, also das Thema Kreislaufwirtschaft, Circular Economy,
was damals noch nicht wirklich interessant war, aber jetzt eine immer größere Rolle spielt.
Und das kam eigentlich auch mit der Forschung auf. Und seitdem ich bei der EPEA bzw.
Dresden-Sommer bin, hat sich das gut angeboten, weil viel eben auch in die Praxis umgesetzt wird.
Von daher, das ist auch der große Vorteil, dass man nicht nur auf dem Papier
was schafft, also irgendeinen Forschungsbericht, sondern das Ganze auch umsetzen kann.
Sei es digital oder auch im Gebäude oder in ganzen Quartieren und Städten.
Und wer kommt da eigentlich auf euch zu?
Sind das eher Planende oder eher die Baustoffhersteller? Oder wie in Heidelberg
auch Städte und Kommunen? Wer sind so eure typischen Ansprechpartner?
Ja, das sind viele. Also wenn wir jetzt mal unterscheiden. Also die Industrie,
die ist eher in Hamburg angesiedelt und wir eher im süddeutschen Raum.
Also wir haben jetzt auch Büros in Hamburg.
Aber wenn wir jetzt von Real Estate sprechen, sind es sowohl öffentliche als
auch private Bauherren, zum Beispiel Investoren. Das ist eigentlich ganz unterschiedlich.
Städte, Kommunen, also eigentlich jeder, der baut, Jeder, der baut, ist relevant für uns.
Oder auch Kooperation, sei es jetzt mit Rückbauunternehmen, also eigentlich
die gesamte Wertschöpfungskette Bau, weil das ist ja ein Thema, was alle betrifft.
Deswegen haben wir eigentlich mit vielen unterschiedlichen Akteuren auch zu tun.
Urban Mining, also das gezielte Schürfen nach wiederverwertbaren Materialien
im Gebäudebestand, war lange ein absolutes Nischenthema.
Zu technisch, zu abstrakt, zu weit weg vom Alltag der Planung.
Und ganz ehrlich, es hat auch nicht wirklich nach einem Thema geklungen,
mit dem man große Aufmerksamkeit bekommt.
Matthias Heinrich hat sich trotzdem genau damit beschäftigt.
Und zwar zu einer Zeit, als es kaum jemand auf dem Schirm hatte.
Seine Promotion über Urban Mining stieß damals eher auf irritierte Blicke.
O-Ton, was willst du mit so einem Schmarren?
Das hat er nicht nur einmal gehört.
Heute ist das ganz anders. Urban Mining gilt als wichtiger Schlüssel für eine
ressourcenschonende Bauwirtschaft.
Und Matthias berät mit der EPEA nicht nur Plante und Städte, sondern auch große
Investoren und die Industrie.
Denn bei der EPEA geht es nicht nur um Baustoffe im engeren Sinne.
Es geht auch um digitale Prozesse, Produktverantwortung und die große Frage,
wie Stoffkreisläufe im urbanen Raum überhaupt funktionieren können.
Das Unternehmen arbeitet an einzelnen Bauprojekten, aber auch mit der Industrie
an Rücknahmesystemen, zum Beispiel für Fenster, Glas oder Aluminium,
und entwickelt neue Materialformulierungen, damit Produkte von Anfang an kreislauffähig sind.
Diese Perspektive vom Material bis zur Stadt fließt auch in das Projekt ein,
das in dieser Episode im Fokus steht.
Das Patrick Henry Village in Heidelberg. Das abgekürzt PHV ist wie schon erwähnt
eine ehemalige US-amerikanische Wohnsiedlung aus den 1950er Jahren,
rund 100 Hektar groß mit 250 Gebäuden und 1400 Wohnungen.
Seit dem Abzug der US-Armee 2013 steht das Gelände größtenteils leer.
Spielplätze verfallen, die Natur erobert sich flächend zurück.
Doch Heidelberg hat große Pläne. Hier soll ein neuer, zirkulärer Stadtteil für
rund 10.000 Menschen entstehen, mit dem Anspruch, möglichst viel vom Bestand weiterzuverwenden.
Ein echtes Urban Mining Pilotprojekt, gefördert durch die EBA Heidelberg und
politisch stark unterstützt.
Dafür wurden die Gebäude gescreent, Bauteile katalogisiert, Materialmengen geschätzt,
bis hin zu Heizkörpern, Türen und Toiletten.
Eine Vision ist zum Beispiel, eine mobile Recyclinganlage direkt vor Ort zu
installieren, mit der Beton gleich auf dem Gewände wiederverwertet werden kann.
Ich wollte von Matthias wissen, wie das alles angefangen hat und wie EPEA von
Anfang an eingebunden war.
Interessante Geschichte, also das ist auch über mehrere Ecken gewesen.
Also wir hatten auch dann Treffen mit Heidelberg Zement, hießen sie damals noch,
also Heidelberg Materials.
Da hatten wir auch Austausche, wie man so Circular Economy in die Praxis umsetzen kann.
Und dann kam auch irgendwann die Idee auf, ja, das müssten wir eigentlich in die Praxis umsetzen.
Dann sind wir gemeinsam mit Heidelberg Materials auf die Stadt zugegangen.
Also da gab es auch schon Kontakte mit dem Bürgermeister und das wurde dann
auch vorgestellt, das Thema.
Und dann hat es auch ein bisschen gedauert und dann hieß es,
ja, das müssten wir unbedingt umsetzen.
Da gibt es zum Beispiel diese Konversionsfläche Patrick Henry Village,
das war so dieser Aufhänger.
Ja, da würde sich das doch anbieten, solche innovativen Konzepte oder was heißt
innovative Konzepte oder eigentlich, was jetzt gesunder Menschenverstand ist,
das auch als Art Reallabor oder das auch umzusetzen.
Also es profitieren ja viele, es profitiert ja auch die Region,
also es ist eine ganz andere Wertschöpfung. Und so kam das auch zustande.
Und ein gutes ist sicher auch, dass der Bürgermeister auch einen Bauhintergrund hat.
Also er ist ja selber vom Bau. Also da ist auch das Verständnis ganz anders,
als wenn man jetzt aus einer anderen Fachrichtung kommt.
Und ja, das ist ja auch wichtig, dieser politische Rückhalt,
dass da auch was vorwärts geht, einfach auch was jetzt Entscheidungen angeht.
Und genau so hat sich das eigentlich entwickelt. Also es ging nicht von heute
auf morgen, das hat jetzt schon ein paar Jahre gedauert, bis da überhaupt,
sag ich mal, mehr draus wurde.
Heidelberg hat ja ziemlich ambitionierte Ziele, bis 2040 klimaneutral zu sein
und bis dahin möglichst den kompletten Gebäudebestand zu erfassen.
Und beim Patrick Henry Village habt ihr das mal ganz praktisch durchgespielt.
Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit und was war eure Ausgangslage bei dem Projekt?
Also die Ausgangslage war auch das Thema Gebäudematerialkataster.
Also wir haben auch ein Werkzeug, das nennt sich Urban Mining Screener.
Also es war auch damals im Rahmen meiner Promotion als Nebenprodukt entstanden,
wo man aus wenig Informationen schon mal so eine erste Hausnummer hat,
wie viele Rohstoffe da verbaut sind.
Das Ganze haben wir auch umgesetzt mittlerweile. Also das Tool kann man nutzen,
auch in Zusammenarbeit mit Madaster.
Also wo diese Informationen eingegeben werden und dann spuckt es eine erste
Anhaltspunkte aus für Materialien und auch eine Verknüpfung grauer Emissionen,
also Stichwort gebundenes CO2,
das CO2, was frei wird bei der Herstellung von den Produkten.
Also das ist damit verknüpft. Und auch das Thema Rohstoffrestwerte,
also einfach auch der Wert der Materialien.
Und das haben wir jetzt auch im ersten Schritt dann auf das Patrick Henry Village
angewandt, um mal so eine erste Ausgangssituation zu bekommen.
Was habe ich denn eigentlich verbaut?
Das ist so dieses A und O. Wenn ich jetzt eine Circular Economy umsetzen will,
muss ich erst mal wissen, was habe ich überhaupt, um da auf dieser Basis dann
auch eine Strategie zu entwickeln.
Also was kann ich später mit den Materialien anfangen? Wir haben das jetzt auch für mehrere.
Kommunen beziehungsweise auch Städte schon umgesetzt. Also für Baden-Württemberg
soll es auch ein Gesamtkataster geben von Gebäuden.
Also mit anderen Städten wie mit München sind wir da gerade dabei,
auch einige Stadtteile abzubilden.
Das ist schon mal diese erste Voraussetzung, bevor ich überhaupt anfange,
mal so erfassen, was habe ich denn überhaupt.
Und im zweiten Schritt ist ganz klar, das muss halt schon auch an die frische
Luft gehen, kann jetzt nicht nur am Computer sitzen und irgendwelche Daten eingeben,
weil Gebäude sind ja auch sehr individuell.
Danach gab es auch eine Begehung, eine Bestandsaufnahme vor Ort zum Beispiel.
Auch Thema Schadstoffe ist ja ganz relevant, vor allem in den älteren Baujahren.
Weil schadstoffhaltige Materialien lassen sich auch nicht im Kreislauf führen.
Und das hat auch eine erhebliche Auswirkung, sage ich jetzt mal,
auf angestrebte Recyclingquoten.
Also wenn ich schadstoffhaltige Materialien habe, dann muss ich die einfach
entsorgen, weil da kann ich jetzt eigentlich nichts damit anfangen.
Und das war eben auch der zweite Schritt.
Dass ja eine Vorortbestandsaufnahme auch anhand von Plänen zum Beispiel stattgefunden
hat und dann auch mal verglichen, was kam denn bei dem Mining-Screening raus
und was kam denn bei dieser tatsächlichen Bestandsaufnahme raus.
Und das hat sich eigentlich schon ganz gut gedeckt.
Aber da muss man auch unterscheiden. Also wie gesagt, für so ein erstes Screening
ist es halt viel weniger Zeit.
Also ich kann ganze Städte erfassen innerhalb kürzester Zeit,
ohne dass ich mir jedes einzelne Gebäude anschaue. Also da ist schon mal so
diese Ersteinschätzung, die schon mal ganz entscheidend ist.
So lohnt es sich überhaupt? Also wo lohnt es sich zu graben?
Das ist ja auch der Begriff Urban Mining.
Viele sagen so Bergbau im urbanen Raum oder in der Stadt.
So kann man sich das auch vorstellen. Also wenn man jetzt auch sagt...
Ich will jetzt nach Kupfer graben oder nach Gold oder Öl oder was auch immer.
Dann brauche ich eine geologische Karte.
Dann muss ich da mal schauen, wo lohnt es sich. Dann mache ich eine Bohrung
und schaue mal, wie tief ich graben muss, welche Schichten da sind, wie der Aufwand ist.
Und so ist es vergleichbar mit dieser urbanen Mine.
Also eine Kartografierung einer urbanen Mine. Und dann schauen,
wo lohnt es sich zu graben. Oder halt, ja, wo lohnt es sich. Genau.
250 Gebäude, das ist schon eine Hausnummer. Und bei einem Gelände wie dem Patrick
Henry Village stellt sich natürlich die große Frage, was kann eigentlich bleiben?
Was kann wiederverwendet werden? Und was muss raus, weil es schadstoffbelastet
ist oder schlicht nicht mehr taugt?
Gerade in solchen Fällen braucht es mehr als einen geübten Blick und einen guten Bauch.
Es braucht Daten. Und genau hier kommt der Urban Mining Screener von EPEA ins Spiel.
Ein digitales Tool, das mit überraschend wenigen Angaben arbeitet.
Baujahr, Gebäudetyp, Volumen. Mehr braucht es zunächst nicht.
Auf dieser Basis liefert der Screener eine erste Einschätzung.
Welche Materialien stecken im Gebäude? In welcher Menge? Und mit welchem zirkulären Potenzial?
Das Ganze passiert quasi auf Knopfdruck und es entsteht ein sogenannter Building
Circularity Passport, also ein digitaler Ressourcenpass für das Gebäude.
Darin steckt das gesamte Wissen über die materialtechnische Zusammensetzung.
Ein wichtiger Schritt, um aus dem Bestand gezielt wiederverwertbare Rohstoffe zu gewinnen.
Und das bleibt nicht in einem Tool stecken. Die Daten fließen weiter,
zum Beispiel in die Plattform Madaster.
Madaster ist eine digitale Gebäudedatenbank, die alle Informationen rund um die
verwendeten Materialien langfristig speichert und sichtbar macht.
So entsteht ein Materialkataster, das sowohl beim Rückbau hilft als auch bei
der Planung neuer Gebäude oder bei der Wiederverwendung einzelner Bauteile.
Und das wird in Zukunft noch viel wichtiger, denn mit der neuen Bauproduktenverordnung,
die Ende 2025 in Kraft tritt, wird die sogenannte EPD, also die Umweltproduktdeklaration, verpflichtend.
Viele in der Branche haben das noch gar nicht auf dem Schirm.
Fakt ist, Materialdaten müssen künftig digital, nachvollziehbar und transparent vorliegen.
Tools wie der Urban Mining Screener oder Plattformen wie Madaster sind also keine
Spielerei, sie werden zum festen Bestandteil des Planungsalltags.
Ich wollte von Matthias genauer wissen, wie der Urban Mining Screener in der Praxis funktioniert.
Und wie sollte digitalen Werkzeuge konkret zum Einsatz kommen.
Also es geht darum, verschiedene Gebäudetypen, also wir haben Wohngebäude aus
den 60er Jahren, die sind oft ähnlich.
Also die sind dann ein Ziegel in der und der Bauweise, also kann man da schon Rückschlüsse ziehen.
Vor allem, wenn man jetzt ältere
Baujahre anschaut, dann haben wir doch einheitlicher gebaut als heute.
Heute benutzt man einfach viel zu viele unterschiedliche Materialien,
dass einfach der Überblick weg ist.
Dieser Mix ist größer geworden. Da wurden dann Materialkennwerte herausentwickelt,
also es sind viele Datensätze gewesen, also da gab es unterschiedliche Datenbanken,
zum Beispiel auch für energetische Bewertung.
Da wird ja dann auch oft gesagt, regional typische Aufbauten.
In Hamburg wird anders gebaut als in München zum Beispiel.
Und ja, ganz viele Datensätze kamen da auch zusammen und die werden dann über
eine Fläche beziehungsweise über ein Gebäudevolumen kann ich die dann hochskalieren.
Also ich brauche das Baujahr, ich brauche den Gebäudetyp und ja,
ich brauche eine Fläche oder ein Volumen im Idealfall.
Was macht Heidelberg denn jetzt mit all den Erkenntnissen aus dem Projekt?
Gibt es da schon konkrete nächste Schritte oder ist das doch eher noch ein Zwischenstand?
Ja, also da wird jetzt auch gerade ein Vorgehen bzw. eine Strategie entwickelt
für die einzelnen Stoffströme.
Also Stoffstrom ist ein Materialstrom.
Also wo gehen die Fenster hin, wo geht das Glas hin, wo soll der Beton hingehen,
um einfach mal auszuloten, was ist überhaupt sinnvoll.
Also da geht es jetzt nicht nur darum, auf Teufel komm raus,
nur ökologisch zu denken, sondern Ökonomie ist ja auch eine Frage.
Also da gibt es ja auch diesen Punkt, wo dann die Kosten einfach dann exponentiell
steigern für noch das letzte Gramm CO2 oder so rausholen.
Das ist dann auch nicht sinnvoll. Also deswegen auch eine ökologische und ökonomische Abwägung.
Was ist denn sinnvoll und wie ist es sinnvoll, welchen Weg auch zu verfolgen?
Wie findet ihr eigentlich raus, ob das wirtschaftlich überhaupt Sinn macht?
Also ob sich das Reuse lohnt?
Ich stelle mir vor, genau diese Frage kommt von Auftraggeberinnen und Auftraggebern
doch ziemlich schnell, oder?
Die kommt immer, aber das ist immer so eine Sache, das kann man halt pauschal nicht sagen.
Also es ist einfach auch eine Kostenschätzung, wie beim Bau auch.
Aber Rückbau ist immer ein bisschen problematischer, weil man oft nicht weiß, was man hat am Ende.
Wenn man Schadstoffe hat, kostet es einfach, was es kostet, weil ich die teuer entsorgen muss.
Es ist immer eine Abwägung, es ist auch ein regionales Thema,
also Entsorgungskosten, Deponierungskosten, wie hoch sind die,
da gibt es regionale Unterschiede, zum Beispiel auch.
Wenn ich mineralische Stoffe betrachte, nehmen wir mal Kies.
Das lohnt sich nicht, mehr als 20 Kilometer zu transportieren.
Und das ist schon viel, weil einfach die Transportkosten viel höher sind,
als was ich transportiere.
Wenn ich jetzt Metalle transportiere, dann ist es egal, wie weit ich die transportiere.
Mineralische Stoffe eher regionales Thema und alles Metalle oder irgendwelche
Hightech-Produkte, das spielt dann dieser Radius, ist dann viel größer.
Mal ganz praktisch gefragt. Kommt das Material, das jetzt im Bestand erfasst
wurde, später auch wirklich wieder zum Einsatz, zum Beispiel im Neubau?
Oder war das eher ein erster Testlauf, um überhaupt mal rauszufinden, was alles drinsteckt?
Ja, klar. Das ist auch das Ziel
einzusetzen vor Ort. Da muss man halt auch überlegen, was sinnvoll ist.
Es macht jetzt keinen Sinn, Stahl vor Ort einzuschmelzen, um neuen Stahl rauszumachen.
Also das ist nicht der Sinn.
Also es braucht ja auch Straßen, Behelfstraßen. Das sind auch diese Abwägungen
und deswegen ist es halt auch ganz entscheidend in der Planung auch zu wissen,
wann wird welches Material frei, also auch diesen zeitlichen Aspekt und auch
dieser Abgleich, wann kommt der Neubau, was kann denn potenziell auch in dem Neubau hineinfließen.
Also jetzt nicht nur betrachten, Neubau ist hier, ist extra und Rückbau völlig
unabhängig, sondern auch diese Verbindung der einzelnen Baufelder,
sei es Rückbau und Neubau.
Wie gesagt, mineralische Materialien, die sind halt teuer zu transportieren
und bei den Massen lohnt es sich da schon drüber nachzudenken,
inwiefern man das vor Ort aufbereitet.
Das sind ja auch Thema Transporte, wenn jetzt hunderttausende LKWs,
also da geht es jetzt nicht um wenig Material, sondern da sind dann schon mehrere
zehntausend LKW-Fahrten, die man zum Beispiel auch einspart.
Und da geht es jetzt nicht um CO2, da geht es ja auch darum,
es ist sinnvoll, dass jetzt LKWs durch Heidelberg,
Donnern zum Beispiel. Also da passiert ja auch was. Es ist ja auch ein Infrastrukturthema,
eine Belastung für die Infrastruktur, Feinstaubthemen.
Also es ist nicht nur Thema CO2, sondern ganz viele Indikatoren oder Umweltfelder
spielen ja hier mit rein.
Da steckt ja viel mehr drin, als man auf den ersten Blick denkt.
Von außen klingt es erstmal super. Wir nutzen das Rohstofflager und bauen damit neu.
Aber wenn man dann plötzlich über Transportwege, CO2-Emissionen oder Schadstoffe
nachdenken muss, merkt man doch schnell, wie komplex das Ganze ist.
Ihr braucht ja doch eigentlich eine ziemlich ganzheitliche Sicht auf das Thema, oder?
Ja, genau. Also es sind ja halt auch viele Akteure, die eine Rolle spielen.
Wenn ich jetzt neu baue, dann ist es überschaubarer, als wenn ich rückbaue,
neu baue, sondern weil ich eben die gesamte Wertschöpfungskette im Auge haben muss.
Auch die Rückbauunternehmen, die müssen da mitspielen. Es muss ja auch ausgeschrieben werden.
Also da sind ja manche Materialien, nehmen wir jetzt Glas zum Beispiel.
Bei der Masse lohnt es sich, das vor Ort schon so zu trennen beispielsweise,
dass ein Hersteller neues Fensterglas draus machen kann.
Das sind so Überlegungen und Abwägungen, ab welcher Masse rentiert sich das
überhaupt vor Ort zu machen.
Und das Praktische am PHV ist einfach, dass ich viel Material auch habe.
Und auch das Thema Lagerflächen ist ein Teil zum Beispiel auch ganz wichtig.
Also ich kann jetzt nicht einfach einen 500 Meter Berg, Schuttberg aufstellen.
Das geht ja auch gar nicht, sondern auch zu schauen, habe ich die Flächen zur
Verfügung, dass mir das jetzt auch beim Neubau nicht im Weg ist.
Zum Beispiel Erdmassenmanagement ist ja auch ein Thema.
Das kann ich auch nicht beliebig aufhäufen, weil einfach das organische Material dann kaputt geht.
Das sind ja auch Abwägungen oder Überlegungen, die hier eine Rolle spielen.
Gut, am Anfang denkt man immer, ja, das ist doch einfach.
Das, was abgerissen ist, das baue ich einfach ein. Aber wir sind auch in Deutschland
und da gibt es halt auch viele Gesetze.
Da Lärm, BIMSCH zum Beispiel, Lärm, dann Wasserschutz, Artenschutz und so weiter
und so fort. Also das macht es auch nicht leichter, was die Regulierung angeht.
Vor Ort recyceln ist jetzt nicht einfach so, ich stelle einen Brecher und eine
Zementmaschine auf und gut ist, sondern da brauche ich auch Genehmigungen,
die jetzt nicht von heute auf morgen gehen. Und deswegen ist es auch ein langfristigeres Thema.
Aber positiv ist vielleicht auch zu sehen, dass sich schon ein bisschen was
verändert hat, auch in der politischen Landschaft, dass da auch gesehen wird,
dass es halt sinnvoll ist zu machen.
Also jetzt nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch, sage ich jetzt mal.
Das ist ja auch ein Ziel einer Circular Economy, den Wert der Materialien so
hoch wie möglich zu halten.
Also auch diese Wertschöpfung zu behalten. Würdest du sagen,
dass die Idee von Urban Mining in der Bauwirtschaft mittlerweile wirklich ankommt,
also mit echtem Willen zur Veränderung?
Oder begegnet dir da auch noch viel Greenwashing? Also es hat sich in den letzten
Jahren auf jeden Fall verbessert.
Vor ein paar Jahren war ja auch ein Riesenthema Materialpreissteigerung.
Also es hat ja früher keinen interessiert, was jetzt das kostet.
Da war einfach die Arbeitszeit wichtig.
So, ja, Materialien, das interessiert mich nicht. Aber jetzt hat man halt das
gesehen, dass es einfach auch ein Riesenanteil der gesamten Baukosten ist.
Die Materialien bereitzustellen oder auch Lieferengpässe. Also da hat sich schon einiges getan.
Da ist in den letzten zehn Jahren dann auch schon so ein Umdenken passiert.
Das ist ja jetzt nicht neu, das Thema.
Das hat man tausende Jahre schon so gemacht.
Also die Römer haben es gemacht, die Trümmerfrauen, jeder, weil es einfach sinnvoll
ist, weil der Wert der Materialien anders war.
Da hat es so nach dem Krieg, Nachkriegszeit, da ging das ja auch los,
so Einweg, Verpackung und so weiter.
Und das hat sich einfach manifestiert, dass eher so eine Wegwerf,
so nach mir, egal was da passiert, wir werfen das weg.
Und so ist es auch beim Gebäude. Es hat sich keiner Gedanken gemacht,
wie kriege ich das wieder auseinander oder was kann ich aus dem Bauabfall machen.
Da haben wir schon viel vergessen oder als Gesellschaft unser Hirn irgendwo
abgegeben und jetzt fällt es halt dann auch auf uns zurück.
Thema Ressourcen ist ja jetzt entscheidend. Da geht es jetzt nicht nur um Ressourcenverknappung,
das hängt ja alles damit zusammen.
Also auch CO2, ich stoße ja CO2 aus bei der Produktion von Materialien zum Beispiel.
Oder Thema Biodiversität, das hat auch nicht jeder auf dem Schirm.
Also das Artensterben ist einfach auch extrem groß geworden.
Und viel hängt einfach damit zusammen mit Rohstoffabbau für unsere Produktion.
Wirtschaft. Also grabe ich irgendeine super Kupfermine, dann holze ich den Wald
ab, weil ich da tausend Meter gefühlt runtergraben muss.
Oder eine Verschmutzung von der Herstellung vom Produkt. Also auch Wasser spielt hier eine Rolle.
Viele der Herausforderungen, die wir haben mit Wasser, sind auch zurückzuführen auf Rohstoffabbau.
Hier Aluminium oder Kupferschlamm, also das ist jetzt nicht gerade die umweltfreundlichste Arbeit,
also wo ganze Landstriche verwüstet wird, was wir ja gar nicht sehen,
weil das ja nicht bei uns passiert, sondern das ist halt dann im Dschungel oder
im Regenwald oder sonst wo.
Also so weg aus dem Auge, aus dem Sinn, oder? So heißt das, glaube ich.
Und das muss man halt auch sehen, dass eine Rohstoffthematik einfach auf viele Aspekte sich auswirkt.
Ist das Projekt Patrick Henry Village für euch eigentlich schon abgeschlossen?
Oder seid ihr da nach wie vor mit an Bord?
Beratet ihr die Stadt Heidelberg weiterhin, was sie mit den Ergebnissen macht?
Wie ist denn da gerade der Stand? Das geht erst jetzt richtig los,
allein durch die Größe und vielen Bauabschnitten.
Also da gibt es noch viele Themen, die es auch zu klären gibt.
Das ist ja auch was, was man dann auch konstant weiter begleiten muss,
weil es einfach viele Akteure gibt, mit denen es sich abzustimmen gibt.
Also auch allein so eine Frage, was kann man denn auch als Stadt zum Beispiel
als Material wiederverwenden?
Also da sind dann auf einmal sehr viele Referate zum Beispiel involviert.
Das ist jetzt nicht nur auf Heidelberg bezogen, aber generell muss man sprechen
mit dem Gartenbau-Referat, sei es jetzt kommt es überhaupt für euch in Frage
oder mit den Stadtwerken zum Beispiel. Da geht es ja allein.
Oder wenn man jetzt denkt, so eine Wiederverwendung von einer Laterne ist einfach,
dann ist das alles andere als einfach.
Da gibt es halt dann dutzende Normen oder dutzende Gründe, warum es nicht geht.
Aber dann ist es halt auch gut zu suchen, welcher Weg funktioniert denn?
Oder was muss ich denn machen, damit es funktioniert?
Ja, da sind einfach unsere Strukturen nicht darauf ausgelegt,
dass es einfach klar ist, so gesunder Menschenverstand und wir setzen das jetzt
um, sondern auch Gesetze oder allein Thema Ausschreibung.
Wie kann ich das überhaupt ausschreiben in einer öffentlichen Vergabe?
Also das kommt ja auch noch dazu. Ja, also das ist,
Nicht so einfach, wie man meint. Ehrlich gesagt, ich hätte nicht gedacht,
wie vielschichtig eure Arbeit ist.
Ihr müsst ja wahnsinnig viele Disziplinen zusammendenken. Von Materialkunde
über Planung bis hin zur politischen Kommunikation.
Und gleichzeitig vorausahmen, wie verschiedene Akteure reagieren könnten.
Das alles zu bündeln und trotzdem den Überblick zu behalten,
das ist schon echt beeindruckend.
Ja, das ist halt auch das Praktische. Also es wird nur so funktionieren,
also dieses Interdisziplinäre. Wir haben ja auch Leute, die Chemiker sind,
Biologen, die haben ja noch eine ganz andere Sichtweise auf diese Thematik.
Wie gesagt, ich würde den Job auch nicht machen, wenn ich nicht jeden Tag auch
selber dazulernen würde. Das macht ja auch Spaß.
Also ich kam auch selber, habe aus der Forschung nur Forschung gemacht,
aber ich habe auch nur in der Praxis schon gearbeitet, sei es jetzt auf der Baustelle.
Und das ist sehr einseitig. Und so ist es halt auch ein Mix,
weil man kann diese Themen weiterentwickeln und Anwendung am Projekt.
Das treibt mich auch an, dass ich Lust habe, auch in die Arbeit zu gehen.
Einfach diese Vielzahl an Projekten oder auch komplexere Lösungen,
wo man denkt, das wird nichts.
Aber auch diese stufenweise Problemfindung.
Das ist jetzt nicht mein Ziel, irgendwelche Checklisten abzuhaken oder irgendwelche
Einzelprüfungen zu machen, sondern da geht es einfach darum,
was zu bewegen. und das ist halt gut, dass man die Chance hat.
Also wirklich mega beeindruckend, was ihr da alles macht. Ich bin echt hin und weg von eurer Arbeit.
Darf ich dir zum Abschluss noch eine letzte Frage stellen? Wenn du jetzt mal
in die Glaskugel schauen könntest, wie würdest du dir die Stadt der Zukunft wünschen?
Was wäre dir wichtig? Wie sollte sie aussehen, funktionieren, sich anfühlen?
Sie wäre auf jeden Fall sehr grün.
Viele Pflanzen, ja auch Tiere, das ist cool.
Kurze Wege auf jeden Fall statt der Zukunft weniger Auto müsste auch ansprechend
sein Platz für die Menschen,
Ja, also gut, wenn man jetzt dann denkt, so regenerativ auf jeden Fall,
also das sollte ja schon Standard sein, eine Stadt aus erneuerbaren Energien gespeichert.
Ja, Regenwasserrückgewinnung, einfach die Stadt als System denken.
Auf jeden Fall grün müsste sie sein.
Stell dir vor, in Zukunft hängt an jedem Gebäude ein QR-Code und wenn ich den
scanne, sehe ich, ah, das ist hier alles drin verbaut.
Wäre das aus deiner Sicht eine spannende Vision oder sagst du,
nette Idee, aber praktisch eher überflüssig?
Ja, das wäre sicher interessant für den einen oder anderen.
Also so sollte das ja dann auch sein. Also es ist die Frage,
wer braucht diese Informationen, um damit was anzufangen.
Wir konsumieren, glaube ich, so viel Informationen, wo einen Großteil man sich sparen kann.
Ja, wo man sich denkt, da verschwendet man einfach stundenlang an irgendwelchen
sozialen Medien oder sonst irgendwas.
Aber für die relevanten Leute, die das zurückbauen oder die eine Erkenntnis
haben, was mache ich denn mit den Materialien?
Da wäre das auf jeden Fall eine Überlegung wert, sowas zu machen.
Und das ist auch die Frage, ob die
Stadt der Zukunft, ob wir noch mehr Digitalisierung überhaupt vertragen.
Also ich bin ja auch ein Freund von so, jetzt ist mal gut.
Ich brauche nicht für jedes Ding eine App. Wenn man sein Smartphone verliert,
dann ist man aufgeschmissen.
Die Stadt der Zukunft, man spricht immer digital, alles KI.
Aber da gibt es für mich, also persönlich, weil du ja sagst,
wie sehe ich die Stadt der Zukunft, würde ich auch mal sagen,
da muss es dann auch irgendwann gut sein. Ich brauche nicht für jede Handwaschbecken
oder Toilettenschüssel irgendeine App.
Das führt meiner Meinung nach zu weit und schränkt mich persönlich auch in der Lebensqualität ein.
Urban Mining ist kein Allheilmittel. Das ist im Gespräch mit Matthias Heinrich
ziemlich klar geworden.
Nur weil irgendwo ein Gebäude steht, heißt das nicht automatisch,
dass man es bis auf den letzten Ziegel ausschlachten sollte.
Matthias hat es sehr treffend formuliert. Wenn wir Urban Mining ohne Sinn und
Verstand betreiben, entstehen Schuttberge,
unnötige Transporte und plötzlich donnern LKW-Kolonnen mit alten Fenstern durch
die Stadt, nur um Bauteile weiterzuverwenden, die vielleicht gar nicht mehr
den aktuellen Anforderungen entsprechen.
Deshalb geht es eben nicht um Reuse um jeden Preis, sondern darum,
ökologische und wirtschaftliche Aspekte gemeinsam zu denken und Urban Mining
gezielt, intelligent und datenbasiert umzusetzen.
Nicht jeder wiederverwendete Baustoff ist automatisch nachhaltig.
Schadstoffbelastetes Material oder Komponenten mit fragwürdiger Energie- und
Emissionsbilanz bringen am Ende wenig, auch wenn die Idee dahinter gut klingt.
Darum setzt die EP ja auf das Konzept des Industrial Reuse.
Die Frage, wie die Industrie selbst zum Motor zirkulärer Systeme werden kann,
spielt eine zentrale Rolle.
Denn ob Holz, Glas oder Beton, nicht alles ist so kreislauffähig,
wie es auf den ersten Blick scheint.
Holz wirkt zwar immer ökologisch, aber wenn es beschichtet ist,
wird es beim Verbrennen schnell zur Umweltbelastung.
Beton kann durch zementreduzierte Mischungen nachhaltiger werden,
ist im Rückbau aber oft schwer handhabbar.
Und bei Aluminium oder Glas? Da zeigen Unternehmen wie Wicona oder Saint-Gobain,
dass funktionierende Rücknahmesysteme möglich sind.
Das Patrick Henry Village in Heidelberg ist ein echter Praxistest für all diese Fragen.
Der Urban Mining Screener, Madaster, politische Unterstützung und die Erfahrung
der EPEA kommen hier zusammen, in einem Projekt, das zeigt, wie komplex,
aber auch wie wichtig zirkuläres Bauen ist.
Was man aus dem Gespräch mit Matthias mitnimmt?
Urban Mining ist kein Dogma. Es braucht immer eine neue, maßgeschneiderte Lösung,
technisch, ökologisch und wirtschaftlich durchdacht.
Und damit sind wir am Ende dieser Folge angekommen.
Herzlichen Dank an meinen Gast, Dr. Matthias Heinrich von EPEA.
Wenn ihr mehr über das Projekt in Heidelberg, die Tools oder EPEA erfahren wollt,
alle wichtigen Links findet ihr wie immer in den Shownotes.
Ihr habt selbst ein spannendes Projekt oder möchtet über neue nachhaltige Lösungen sprechen?
Dann meldet euch. Ihr erreicht mich per Mail auf LinkedIn oder auf Instagram unter Architektourist.
Ich freue mich immer, von euch zu hören.
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Ich bin Alexandra Busch. Danke euch herzlich fürs Zuhören und wir hören uns
hoffentlich in der nächsten Episode. Tschüss!
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